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Ein Spielplatz genügt nicht

In Niesky findet 2017 der Sächsische Familientag statt. Doch wie familienfreundlich ist die Stadt?

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© Jens Trenkler

Von Alexander Kempf

Angelika Fischer hat den Umzug nach Niesky nicht bereut. Erst vor wenigen Monaten ist die gebürtige Krebaerin nach vielen Jahren im Erzgebirge in die Oberlausitz zurückgekehrt. Ihre beiden Enkelinnen Maria und Klara haben daran großen Anteil. Die 61-Jährige hat die beiden Mädchen und ihren großen Bruder oft vermisst und wollte sie öfter sehen. „Ich bin wegen der Enkel zurückgekommen“, sagt Angelika Fischer. In der Nieskyer Richard-Neumann-Straße hat sie schnell eine Wohnung gefunden. Auf dem gepflegten Spielplatz hinterm Wohnblock verbringen Oma und die Enkel seither gerne Zeit miteinander.

Doch nicht nur Maria und Klara nutzen das Holzhaus samt Rutsche oft. „Es sind jeden Tag Kinder da“, erzählt Angelika Fischer. Ihr erscheint Niesky nicht als eine überdurchschnittlich alte Stadt. Doch zumindest das Klettergerüst an der Richard-Neumann-Straße haben Maria und Klara am Freitagvormittag ganz für sich alleine. Der Spielplatz am Astrachan oder der Skatepark am Rosenplatz sind zu der Zeit gar gänzlich verwaist. Trotz der Ferien sind junge Familien im Stadtbild selten. Als eine Nachbarin Maria und Klara beim Spielen entdeckt, winkt die ihnen freudestrahlend zu. Kinder können Erwachsene wunderbar lächeln lassen.

Doch es gibt auch Nieskyer, welche die Stadt anders wahrnehmen. In einer Mail an die Zeitung berichtet Thomas Lange von Nieskyern, die sich über Kinderlärm beschweren. Wenn mal ein Ball auf die Straße rollt, habe ein Autofahrer Kinder schon angeschrien. Sogar Wasser sollen verstimmte Nieskyer vom Balkon geschüttet haben, um Kinder zu vertreiben. „Meine Güte! Vielleicht hat so mancher Zeitgenosse vergessen, dass er selbst nicht als Erwachsener auf die Welt kam“, schreibt Thomas Lange und wünscht sich einen toleranteren Umgang miteinander.

Die Furcht vor einer vergreisten Stadt beschäftigt den Nieskyer. Darum regt er an, sich stärker für die Kleinsten einzusetzen. „Vielleicht sollte eine Bürgerinitiative Kinderfreundliches Niesky ins Leben gerufen werden“, schreibt Thomas Lange. Denn Nachwuchs benötige die Stadt. Kinder seien schließlich ein Stück Zukunft. In Niesky dürften solche kritischen Töne gerade jetzt auf wache Ohren stoßen. Schließlich ist erst im Mai vermeldet worden, dass in der Kleinstadt 2017 der Sächsische Familientag stattfindet. Dort will sich nicht nur Sachsen, sondern auch Niesky als besonders kinderfreundlich präsentieren.

Doch Eltern sehen in Sachen Service durchaus noch Luft nach oben. Im Internet ist jüngst eine Diskussion über die Eintrittspreise des städtischen Freibads entbrannt. Eltern wünschen sich eine Ermäßigung für den Besuch im Waldbad. Andere Freibäder würden es der Stadt vormachen. „Wir gehen nicht ins Waldbad. Bei fünf Personen beträgt der Eintritt 17 Euro. In anderen Bädern gibt es Familienkarten . Im Waldbad leider nicht“, schreibt etwa Facebook-Nutzerin Sabine Großmann. In Reichenbach zahlt eine fünfköpfige Familie dank der dort angebotenen Familienkarte im Vergleich nur zwölf Euro.

Doch auch in Niesky werden Bonuskarten mit Rabatten angeboten. Wer öfter badet, zahlt entsprechend weniger. Nur muss dieses Geld erst einmal aufgebracht werden. Angelika Fischer ist mit ihren Enkeln noch nicht im Waldbad gewesen. Über die Eintrittspreise will sie aber nicht klagen. Als sie nach Niesky gezogen ist, habe sie von der Stadt 20 Gutscheine für den Besuch von Eisstadion und Freibad erhalten, erzählt sie. Die seien noch gar nicht aufgebraucht. Maria und Klara hätten auf dem Grundstück der Eltern zudem einen eigenen Pool.

Langweilig dürfte Kindern in Niesky nicht werden. Allein im Stadtgebiet gibt es sechs öffentliche Spielplätze. Marias Favorit ist der am Astrachan. Sie und ihre Schwester sind zufrieden. Beim Familienkompass der Sächsischen Zeitung haben die Nieskyer den Anlagen vor drei Jahren aber nur die Note 2,9 gegeben. Damals schnitt die Stadt schlechter ab als der ostsächsische Durchschnitt. Doch mit der Sanierung des Skaterparks hat sich in der Zwischenzeit so manches getan.

Auch Thomas Lange will kein Öl ins Feuer gießen, sondern konstruktiv e Lösungen. Er vermisst offene Sportanlagen für Fußball und Basketball in der Stadt „Solche Plätze gibt es zwar in Niesky. Allerdings sind diese ja zugehörig der Schulen und leider nicht öffentlich“, schreibt er. Vielleicht wäre dies das erste Projekt, das eine Bürgerinitiative anpacken könnte. Auch hinter dem Wohnblock von Angelika Fischer steht schließlich ein Schild mit der Aufschrift: „Wäscheplatz – Ballspiele aller Art sind nicht gestattet. Der Vorstand.“