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Ein Serienstar wohnte in der Paulsmühle

Wo jetzt minderjährige Flüchtlinge leben, wurde 1978 die beliebte DDR-Fernsehserie gedreht.

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© Anne Hübschmann

Von Catharina Karlshaus

Ebersbach. Manche Dinge verfliegen wohl nie. Aus der Erinnerung und dem Gedächtnis, besonders dann, wenn sie besonders schön waren. Karola Achtnicht aus Kalkreuth kramt hin und wieder ganz gern in ihrem Fundus. Erst jetzt hat die 63-Jährige jedoch an einigen unvergesslichen Momenten teilhaben lassen, über die so vielleicht nur noch die alteingesessenen Dorfbewohner Bescheid wissen. Karola Achtnicht ist nämlich jene Frau, die Monika kennt. Monika, das blonde Mädchen, welches eine ganze Nation für den Pferdesport begeistern konnte. Monika, nach der in Ostdeutschland nicht nur Tausende von Töchtern benannt wurden, sondern noch mehr junge Damen um ihr Liebesglück mitfieberten. Und genau jene Monika, die mit der beliebten DDR-Fernsehserie „Jockei Monika“ 1981 zur sympathischen Kultfigur einer ganzen Generation avancierte.

Hauptdarstellerin Miroslava Safrankova – übrigens die Schwester von Aschenputtel Libuse Safrankova – spielte sich als Monika in die Herzen der Zuschauer.
Hauptdarstellerin Miroslava Safrankova – übrigens die Schwester von Aschenputtel Libuse Safrankova – spielte sich als Monika in die Herzen der Zuschauer. © Anne Hübschmann

„Ich bin in der Paulsmühle zur Welt gekommen und in meinem Kinderzimmer wohnte tatsächlich Monika, gespielt von der tschechischen Schauspielerin Miroslava Safrankova“, erzählt Karola Achtnicht und lacht. Denn was über die Jahrzehnte hinweg in Vergessenheit geriet beziehungsweise selbst passionierten Fans der immer noch auf DVD erhältlichen neunteiligen Serie völlig unbekannt war: Gedreht wurde in Kalkreuth, in der Paulsmühle, auf den angrenzenden idyllisch gelegenen Wiesen und Feldern.

Vertrag mit Schreibmaschine

Laut Vertrag, den das Fernsehen der DDR mit Karola Achtnichts Großtante Erna Wegner als ehemalige Besitzerin der Mühle schloss, dauerten die Arbeit ganze vier Wochen. Von Ende Oktober bis Ende November 1978 mietete sich das Filmteam um Regisseur Thomas Jacob – übrigens auch ein gebürtiger Großenhainer – in der Paulsmühle ein. In einem mit Schreibmaschine ausgefertigten Schriftstück ist geregelt – Karola Achtnicht hütet es in ihrem Schreibtisch – dass das DDR-Fernsehen für die Anmietung von drei Räumen täglich 35 Mark zahlte. „Für uns und das ganze Dorf war das natürlich schon eine große Aufregung“, erinnert sich Karola Achtnicht.

Gemeinsam mit ihrem Mann Werner wohnte die ehemalige Leiterin der Grundschule Ebersbach damals bereits schon im eigenen Haus nebenan. Da sie an diesem aber immer noch selbst werkelten, sei freilich nicht so viel Zeit geblieben, jeden einzelnen Drehtag zu verfolgen. Allerdings: Dass bei Dunkelheit der herkömmliche Strom nicht mehr reichte und ein Notstromaggregat die Versorgung übernehmen musste, bekamen sie dann natürlich doch mit. Ebenso den wässrigen Umstand, dass der Regen künstlich mit einem Feuerwehrschlauch erzeugt worden ist. „Es war eine aufregende Zeit, die eine gewisse Abwechslung in unser Leben brachte“, sagt Werner Achtnicht.

Eine Leiter blieb

Noch immer verwahrt der 64-Jährige eine Leiter mit den Initialen des DDR-Fernsehens auf dem Boden – die Crew hatte sie damals einfach vergessen. Besonders schön für Achtnichts: Sogar Oma Magdalene Reichelt und deren Schwester Erna wurden im Film gewissermaßen für immer sichtbar verewigt. „Sie bekamen eine ganz kleine Rolle, in der sie im Ebersbacher Ortsteil Bieberach entlangliefen und einem Darsteller den Weg erklärten“, erinnert sich Karola Achtnicht. Zwar seien die Stimmen der beiden Frauen nachträglich synchronisiert worden. Aber zu sehen sind sie. „Und das ist besonders toll für unsere Kinder und die Enkel.“

Gemeinsam schaue man sich hin und wieder die Serie an. Das letzte Mal, so erinnert sich Werner Achtnicht, zum Weihnachtsfest 2014. Es sei einfach schön, noch einmal in die Atmosphäre von damals einzutauchen. Ähnlich anderer beliebter Familienserien aus der damaligen Zeit strahlten die Szenen eine gewisse Ruhe und eine nahezu angenehme Alltäglichkeit aus. Erst recht natürlich, da sie im heimatlichen Kalkreuth spielen. Zwischen Wiesen und Feldern, auf der Paulsmühle, die heute nicht mehr für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Immerhin: In ihr wurden Ende November 2015 minderjährige Flüchtlinge untergebracht. Dass ein junges Mädchen namens Monika hier Filmgeschichte schrieb, das wissen sie sicherlich nicht. Aber die Kalkreuther, Karola Achtnicht mit ihre Familie und jetzt auch all die Fans. Erinnerungen an Jockei Monika, die bleiben.