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Ein sehr kurzes Gespräch mit der Ärztin

Angelika Leubner kritisiert den Umgang mit Patienten und Angehörigen. Nächstes Mal will sie anders reagieren.

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Von Jan Lange

Angelika Leubner ist noch immer aufgewühlt. Dabei liegt der Vorfall mehrere Wochen zurück. Ihre fast 86-jährige Mutter Lisbeth Grohs wurde nach einer Beinamputation von Bautzen ins Zittauer Krankenhaus verlegt. Als nahe Angehörige hätte die Tochter nach der Verlegung gern mit einem Arzt gesprochen. Doch zu den Besuchszeiten am Nachmittag habe sie keinen auf der Station antreffen können. Drei Tage nach der Verlegung lag dann ein Zettel neben dem Krankenbett. Darauf stand, dass sie sich bei der Stationsärztin melden soll. „Es war auf dem Gang ein Zwei-Minuten-Gespräch, in einer Tonart, die zu wünschen übrig ließ“, ärgert sich die 64-Jährige. In schroffer Art erklärte ihr die Ärztin, dass die Wundheilung gut ist und die Mutter am Sonnabend entlassen werde, da das Klinikum kein Pflegeheim sei. „Der Schock über den Verlust des Beines war noch tief und nun dieses Arztgespräch“, findet Frau Leubner. Sie hätte sich eine ordentliche Aufklärung gewünscht, ihre Mutter war schließlich nun ein totaler Pflegefall.

Im September 2014 war der hochbetagten Dame bereits das andere Bein amputiert worden. Auch damals habe das Arztgespräch lediglich am Bett der Patientin stattgefunden und dauerte nicht viel länger. „Ich denke, dass man in einer Tierarztpraxis gefühlvoller mit dem Tierbesitzer umgeht“, meint die Tochter. Innerhalb von vier Wochen musste Frau Leubner für ihre Eltern eine neue Wohnung finden und den Umzug organisieren. Den einzigen freien Platz habe sie im Betreuten Wohnen auf der Dornspachstraße gefunden. „Sie haben sich gut eingewöhnt“, sagt Frau Leubner. Deshalb sei nach der jetzigen, zweiten Oberschenkelamputation kein Umzug ins Pflegeheim infrage gekommen. In einem Heim wäre die Mutter, die im Juli 86 wird, kaputtgegangen. Nur der Wunsch, so bald wie möglich wieder mit ihrem Mann zusammen sein zu können, habe sie am Leben erhalten.

Einfach zurückkehren in die eigene Wohnung war nicht möglich. Angelika Leubner musste für ihre Mutter ein Krankenpflegebett mit Spezialmatratze, eine Hebebühne sowie andere Hilfsmittel besorgen – und das von jetzt auf gleich. Sie hatte zwei Tage Zeit, bis die Mutter entlassen werden sollte. Vorher habe sie das nicht tun können, sagt Frau Leubner. „Die Gesetzmäßigkeiten der Krankenkassen sind so gestaltet, dass der Hausarzt keine Verordnungen machen darf, wenn der Patient noch stationär liegt“, sagt sie. Die Nerven der 64-Jährigen lagen in dem Moment blank. „Die ganze Woche bemühte ich mich, Vorarbeit zu leisten – alles vergebens“, ärgert sie sich. Das Sanitätshaus Busch konnte zum Glück alles außer der Hebebühne am nächsten Tag liefern. Die Beratung sei kompetent und freundlich gewesen. Balsam für Nerven und Seele.

Es wäre schön gewesen, wenn sie auch im Krankenhaus in Ruhe mit der Ärztin hätte sprechen können. So ein Gespräch müsse nicht stundenlang dauern. Ein paar nette Worte für die Angehörigen müssten möglich sein. Dass sie ihre Mutter künftig nicht mehr ins Zittauer Krankenhaus bringt, kann sie sich nicht vorstellen. Die nächsten Kliniken sind zu weit entfernt.

Dr. Bernd Rehnisch, ärztlicher Direktor des Zittauer Krankenhauses, ist überrascht, dass die Angehörigen verärgert sind. Die betreffende Ärztin sei am Montag, dem Tag der Einlieferung, im Dienst gewesen, und danach erst wieder am Mittwoch. Er hält es für möglich, dass das Gespräch nach Einschätzung der Tochter etwas kurz ausgefallen ist. Aber das sei nicht der Regelfall, betont Dr. Rehnisch. Wenn sich die Patienten nach einer Operation nicht mehr allein zu Hause kümmern können, werde auf die Angehörigen zugegangen und mit ihnen die notwendigen Dinge geklärt. Dabei handele es sich häufig nicht nur um ein Gespräch. Der Sozialdienst im Krankenhaus übernimmt dabei eine wichtige Funktion. Über ihn werden viele organisatorische Dinge geklärt. Auch Angelika Leubner kontaktierte den Sozialdienst und ist darüber mehr als froh, weil dessen Mitarbeiterin sie etwas beruhigen konnte.

Regeln für Gespräche mit Patienten und Angehörigen nach einer OP gebe es nicht, so Dr. Rehnisch. Patienten werden, sofern sie dazu in der Lage sind, über die OP informiert. Mit Angehörigen könne nur nach Zustimmung des Patienten gesprochen werden. Angehörige zu informieren, bekomme künftig mehr Gewicht, ist sich Dr. Rehnisch sicher, da der Anteil der alten Patienten gestiegen sei. Mitarbeiter werden auf dem Gebiet auch geschult. Im Fall von Lisbeth Grohs sei die Lage wahrscheinlich nicht so dramatisch eingeschätzt worden, da der Patientin schon ein Bein abgenommen wurde und Pflegeeinrichtungen wie ein Rollstuhl vorhanden sein könnten.

Lisbeth Grohs erholte sich indes wieder gut. Sie kann sich nun auch mit dem Rollstuhl in der Wohnung bewegen. Denn die Hebebühne wurde vorige Woche geliefert. Zuvor musste sie nur im Bett liegen.