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Ein schwerer Abschied

Nach dem Tod seiner Lebensgefährtin will ein Rentner aus Kamenz noch einmal neu beginnen. Lichtblick hilft dabei.

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© René Plaul

Von Jana Ulbrich

Kamenz. Günter Urban sitzt auf gepackten Kartons und Kisten. Die Schrankwand im Wohnzimmer ist auseinandergeschraubt, die Küchenmöbel haben die Mitarbeiter vom sozialen Möbelmarkt abgeholt, aus dem großen Schlafzimmerschrank will ein Bekannter, der Hobbyimker ist, einen Bienenstock bauen. Und Helgas Sachen hat er alle als Kleiderspenden abgegeben. Günter Urban ist froh, dass manches auf diese Weise noch eine Verwendung findet.

Mehr als zehn Jahre hat der 74-Jährige hier mit seiner Lebensgefährtin gewohnt. Voriges Jahr im Dezember ist sie gestorben. Seitdem ist die Wohnung in Kamenz viel zu groß und viel zu leer geworden für Günter Urban. Auch zu teuer für seine knappe Rente. Und überall hier sind die Erinnerungen, die ihn nicht loslassen, und die Einsamkeit, die wie eine schwere Last ist.

Wohnung zu groß und zu teuer

Günter Urban hat nicht lange überlegt. Auch weil es ihm gesundheitlich nicht mehr so gut geht, will er die große Wohnung aufgeben. „Ich ziehe ins betreute Wohnen“, hat er beschlossen. Über eine Zeitungsanzeige hat er das Angebot einer betreuten Wohnanlage in Hoyerswerda gefunden, Neubaublock, sechste Etage, klein und erschwinglich. „Und ein schöner Balkon mit einem herrlichen Ausblick“, freut sich Günter Urban. „Da kann ich über halb Hoyerswerda gucken.“

Nur einen Haken hatte die Sache. Und an dem wäre beinahe der ganze Umzug gescheitert: Die kleine Wohnung im betreuten Wohnen musste Günter Urban sofort übernehmen, andernfalls hätte ein anderer Interessent sie bekommen. Für die alte Wohnung in Kamenz aber muss er eine dreimonatige Kündigungsfrist einhalten. Drei Monate lang zwei Mieten bezahlen? Das kann sich Günter Urban nicht leisten. Seine Rente ist gering. Früher hat er als Heizer gearbeitet, nach der Wende war er lange arbeitslos, hatte nur noch gelegentlich Jobs über die Aktion 55. Da hat er auch keine großen Ersparnisse zur Seite legen können. „Ich wusste nicht, was ich machen soll“, erzählt der 74-Jährige.

Aber die Mitarbeiter aus dem Kamenzer SZ-Treffpunkt wussten es, denen Günter Urban seine Geschichte mehr zufällig erzählt hatte. Sie schickten den Rentner zur Kamenzer Diakonie. Das Diakonische Werk ist einer der Wohlfahrtsverbände im Landkreis, die mit der Stiftung Lichtblick zusammenarbeiten. Mit der Hilfe der Stiftung kann Günter Urban jetzt die doppelte Miete bezahlen. Den alten Mann hat diese unkomplizierte und für ihn auch so unerwartete Hilfe sehr gerührt. „Ich möchte mich bei allen, die mir geholfen haben, ganz herzlich bedanken“, sagt er glücklich. „Bei der Sächsischen Zeitung, bei der Diakonie und vor allem bei den Spendern.“

Für Hilfe sehr dankbar

Die vielen Spender machen es überhaupt erst möglich, dass die Stiftung Lichtblick Jahr für Jahr Menschen in der Region helfen kann, die unverschuldet in eine finanzielle Notlage geraten sind. Zu denen, die Spendengelder von der Stiftung erhalten, gehören auch immer mehr Rentner, deren Rente zwar gerade so zum Leben reicht, nicht aber für ungeplante zusätzliche Ausgaben wie im Fall von Günter Urban. Der 74-Jährige ist einer von 182 Menschen im Kreis Bautzen, denen die Stiftung Lichtblick in diesem Jahr schon helfen konnte. Familien, Alleinstehende und Kinder wurden dabei mit insgesamt mehr als 100 000 Euro unterstützt.

Für Günter Urban ist diese Hilfe nicht selbstverständlich. „Ich bin so dankbar“, sagt er immer wieder. Die Wohnung in Kamenz leert sich nach und nach. Am Vormittag hat Günter Urban zusammen mit dem Hausmeister alles das auf einen Müllcontainer geladen, was keine neue Verwendung mehr findet. An vielem hängen Erinnerungen. „Aber so ist das nun mal“, sagt der alte Mann. „Es ist nach so langer Zeit eben auch ein schwerer Abschied.“ Aber auch ein notwendiger. Er ziehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge aus Kamenz weg, sagt Günter Urban. Im betreuten Wohnen, das weiß er, wird er es leichter haben. Und vor allem wird er in dem großen Hochhaus vielleicht nicht mehr so einsam und allein sein.

Spenden-Konto: Ostsächsische Sparkasse Dresden, IBAN: DE88 8505 0300 3120 0017 74

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