SZ +
Merken

Ein schwarzer Tag für die Angeklagte

Weißwasseraner Mutter bleibt in U-Haft. Die Begegnung mit ihrem Sohn wird zum Schock.

Teilen
Folgen
NEU!

Von Frank Thümmler

Sie hatte sich so darauf gefreut, ihren Sohn nach über sieben Monaten endlich wiederzusehen. Und dann das: Der Zehnjährige würdigt seine Mutter im Gerichtssaal keines Lächelns, keines Blicks, nichts. So erging es am Freitag Monika Gutt* im Görlitzer Landgericht, die sich wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten muss, die sie gemeinsam mit dem bereits rechtskräftig verurteilten Herbert Möller* am 26. Juni 2013 in Weißwasser an ihrem Ex-Mann begangen haben soll.

Zum Tatgeschehen gibt es drei unterschiedliche Versionen – vom Ex-Mann, von Möller, der in diesem Verfahren als Zeuge ausgesagt hatte, und von der Angeklagten selbst. Ihr Sohn sollte nun vor Gericht ihre Version bestätigen, wie er das bereits schriftlich dargelegt hatte, nachdem seine Mutter am 3. Januar dieses Jahres auf Malta verhaftet worden war. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit bestätigte der Zehnjährige dem Gericht, dass dieses Schreiben von ihm stammt. „Aber er hat uns den Inhalt des Schreibens nicht bestätigt“, sagte Richter Uwe Kühnhold später.

Er las auch das Schriftstück vor, das der Sohn der Angeklagten damals verfasst hatte. Darin erzählt er, dass seine Mutter, ihr Bekannter und er auf Einladung des Ex-Mannes nach Weißwasser gefahren seien, um über die Zukunft der beiden jüngeren (gemeinsamen) Kinder zu sprechen, die beim Vater leben. Auch im weiteren deckt sich seine Schilderung weitestgehend mit der Aussage seiner Mutter vor Gericht: Er sei mit in die Wohnung, aber gleich ins Zimmer seiner Geschwister gegangen, bis er Schreie von seiner Mutter gehört habe: „Der Typ greift mich an!“ Schließlich sei er zum Begleiter ans Auto gerannt und habe dort gewartet, während Möller zur Hilfe in die Wohnung geeilt sei.

All dies aber hat der Zehnjährige vor Gericht nicht wiederholt. Verteidiger Kai Jochimsen sagte dazu: „Schon wie er sich gegenüber seiner Mutter verhalten hat, ist nicht normal. Außerdem hat er sich auf Malta intelligent gezeigt, in dem halben Jahr sehr viel Englisch gelernt, war in der Schule gut. Und jetzt kennt er weder mich noch die Pflegemutter, die ihn nach der Verhaftung seiner Mutter für mehrere Wochen betreut hat.“ Der Zehnjährige wurde am 11. Februar nach Deutschland geholt und lebt seitdem in einem Heim.

Ob die schriftliche Erklärung des Sohnes etwas wert ist, dazu soll jetzt jene Pflegemutter befragt werden. In „ihrer Zeit“ hatte der Zehnjährige das Schreiben verfasst. Martin Uebele, Leitender Oberstaatsanwalt und gestern Vertreter von Ankläger Sebastian Matthieu, stellte diesen neuen Beweisantrag. Außerdem sollen Herbert Möller, sein Verteidiger und Gutts Haftprüfungsrichter vernommen werden, um die Glaubwürdigkeit von Möllers Zeugenaussage zu erhärten. Der Richter folgte diesen Anträgen. Als neuer Verhandlungstag wurde der 15. August angesetzt. Dann ist auch mit einem Urteil zu rechnen.

Bis dahin bleibt Monika Gutt in Untersuchungshaft. Die Verteidiger hatten zwar eine Freilassung beantragt, weil der europäische Haftbefehl falsch ausgestellt gewesen sein soll und die Sechs-Monats-Frist längst abgelaufen sei, aber Uebele und dann auch Richter Kühnhold wiesen beide Argumente als falsch zurück. Die Hauptverhandlung habe vor dem Ende dieser Frist begonnen, und das sei entscheidend.

*Namen geändert