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Ein Riesenstollen fürs Rödertal

Zum Großröhrsdorfer Weihnachtsmarkt wird er angeschnitten. Sieben Bäcker sind beteiligt. Auch die Bäckerei Petzold.

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© Matthias Schumann

Von Reiner Hanke

Großröhrsdorf. Sie sind etwa einen Meter lang und fein mit Puderzucker bestreut: die beiden Rosinenstollen aus der Großröhrsdorfer Bäckerei Petzold für den Weihnachtsmarkt am Wochenende vor dem Rathaus der Stadt. Für den liegen sie schon bereit und werden sich am Sonnabend mit den Stollenspenden von sechs weiteren Bäckern aus Großröhrsdorf, Seeligstadt und Ottendorf-Okrilla zu einem Riesenstollen vereinen. Die geschmacklichen Nuancen, die Handschrift der einzelnen Meister bleibt natürlich unter dem Puderzucker erhalten. Das macht vielleicht auch das Besondere eines solchen Gemeinschaftsstollens aus.

Bäckermeister Torsten Herrmann bringt den Stollen in Form, bevor er in den Backofen kommt.
Bäckermeister Torsten Herrmann bringt den Stollen in Form, bevor er in den Backofen kommt.

Das Rezept der Bäckerei, verrät Bäckermeister Lutz Petzold, stamme vom Großvater Paul Petzold. Der gründete 1912 den Backbetrieb. Damals an der Radeberger Straße, bevor nach der politischen Wende in der DDR der Neubau im Großröhrsdorfer Gewerbegebiet entstand. Dort steht an dem Morgen schon eine goldbraun gebackene Ladung Mandelstollen im Backraum, an die 100 Stück. Die gehen natürlich nicht gleich in die Geschäfte. Erst muss der Stollen noch ein bisschen lagern, um zu reifen.

Jeden Tag bräunen in den Backöfen des Großröhrsdorfers derzeit 300 bis 400 Stollen unterschiedlicher Größe und Sorte. Neben dem Klassiker mit Rosinen auch Mandel-, Mohn- und Schokostollen. Seit ein paar Jahren außerdem Pfefferkuchenstollen. Damit habe er mal zu einem Pulsnitzer Pfefferkuchenmarkt begonnen, erinnert sich Lutz Petzold. Am beliebtesten sei aber der Rosinenstollen als halber Vierpfünder. Kommende Woche werden dann der letzte Stollen für dieses Jahr gebacken.

Lutz Petzold führt ins Rohstofflager: „Wir Bäcker im Umland von Dresden verwenden natürlich ebenso hochwertige Rohstoffe wie die Bäcker in der Landeshauptstadt.“ Auch wenn nicht die Marke „Original ...“ drauf klebt. Dazu gehört zum Beispiel ein extra Stollenmehl, das länger gelagert wurde und die traditionellen Zutaten von guter deutscher Markenbutter über Zitronat bis zu den Mandeln. Am Ende komme es auf das Mischungsverhältnis und ein paar Feinheiten in der Verarbeitung aus Großvaters Rezeptbuch an. Und, wenn der Stollen den Kunden schmecke, dann sei er auch gut, sagt der Chef. Auf keinen Fall sollte er zu trocken sein, sondern saftig. Da dürfe nicht an der Butter gespart werden. Fett mache etwa die Hälfte des Mehlanteils aus. Also in Maßen genießen!

Bäckernachwuchs ist knapp

Seit Mitternacht ist schon Leben in der Backstube. Gegen 7 Uhr läuft die Brötchenmaschine auf Hochtouren. Eine Bäckerin streicht den Quark auf den Teig für die Eierschecke und Meister Torsten Herrmann rührt die Füllung für den nächsten Mohnstollen ein, bevor wieder Rosinenstollen drankommen. Der Teig wartet schon in zwei mächtigen Bottichen, insgesamt 260 Kilogramm. Drei-Kilo-Stollen sind dran. Die werden per Hand gewogen. Für kleinere hat der Bäcker auch noch eine Maschine, die den Teig portioniert. Dann wirft er die Teigstücke mit Schwung auf den Backtisch. Sie werden mit kräftigen Händen zugestoßen, wie der Fachmann sagt, damit überschüssige Luft entweicht. Dann knetet der Meister den Teig noch mal durch und bringt ihn in Form für den Backofen. Bei Denny Werner sind die Stollen schon ein Stück weiter. Er sieht im Ofen nach dem Rechten und schiebt die Stollen in eine etwas kühlere Zone. Bei 180°C brauchen sie in der Regel eine gute Stunde. Aber man müsse schon ein Auge darauf haben.

1979 zu tiefsten DDR-Zeiten übernahm Lutz Petzold die Bäckerei von Vater Lothar. Mehr als zehn Mitarbeiter durfte er damals nicht beschäftigen. Heute sind es 90 und 14 Filialen im Raum Großröhrsdorf-Dresden. Leider sei es schwer, Nachwuchs für den Bäckerberuf zu finden, sagt der 60-Jährige. Seine Nachfolge ist immerhin gesichert. Sohn Tobias ist schon mit im Geschäft.

Wie lang der diesjährige Riesenstollen sein wird, das ist unterdessen noch nicht ganz raus, heißt es aus dem Rathaus. Erst am Freitag seien alle Stollen da, um es abschätzen zu können. „Aber mehrere Meter kommen schon zusammen“, sagt Rathausmitarbeiterin Heidrun Helaß. Sie wird den Riesenstollen nach dem offiziellen Anschnitt für die Marktgäste portionieren. Ein Euro kostet das Stück. Der Erlös kommt diesmal der Awo- Kita zugute.

Die Bäcker Eisold, Leunert, Kaufer, Herrmann (Großröhrsdorf) sowie der Ottendorfer Mühlenbäcker und der Bäcker Philipp (Seeligstadt) sind außerdem an dem Riesenstollen beteiligt.