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Ein Relikt verschwindet

Mit einem Freitaler Projekt sollen Jugendliche fit für den Alltag gemacht werden – mit ganz praktischer Arbeit.

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© Frank Baldauf

Von Maik Brückner

Schlottwitz/Freital. Ricky Polimeno setzt den Hammer an. Dann hebelt er das Brett von der alten Tür. Vor ein paar Minuten hing diese noch an der alten Hütte, die im Wald oberhalb von Schlottwitz steht. Doch nicht mehr lange. Denn Ricky Polimeno und seine fünf Kumpels haben in letzten Stunden ganze Arbeit geleistet. Bevor sie sich der Hütte widmen konnten, haben sie den schmalen Weg dorthin, den sogenannten Mittelhangweg, frei geräumt. An einigen Stellen lagen Steine auf dem Weg, an anderen trockene Äste. Als sie am frühen Vormittag dann an der Hütte waren, setzten sie ihre Arbeit fort. Sie trugen den Müll heraus, rissen Bretter ab und versuchen nun, das noch stehende Balkenskelett umzustürzen. Aus sicherer Entfernung schaut Annett Wehner zu. Sie leitet das Forstrevier Berggießhübel und ist für den Wald verantwortlich. „Die Hütte wurde vermutlich in den 1960er-Jahren von den Waldarbeitern errichtet“, sagt sie. Dann wurde diese als Pausenort genutzt.

Später wurden diese Hütten durch Anhänger abgelöst, die die Forstwirtschaft dorthin brachte, wo Arbeit anstand. Die Hütten verloren ihre Bedeutung, blieben aber stehen. „In unseren Wäldern gibt es noch einige“, sagt Wehner.

Nicht mehr sicher

Da sie nicht mehr gebraucht werden, will der Staatsbetrieb Sachsenforst sie loswerden. „Wir haben eine Verkehrssicherungspflicht“, sagt die Revierleiterin. Glücklicherweise sei an der Hütte noch nichts passiert. Sie werde nun vorsorglich abgerissen. Und das übernehmen Ricky Polimeno und seine Kumpels unter der Anleitung von Kathrin Scharf-Hahn. Sie arbeitet bei der Integrationsgesellschaft Sachsen mit Sitz in Freital und kümmert sich im Projekt „Stand up“ um diese Jugendlichen. Die sind um 20 Jahre alt. Fast alle sind nicht ganz freiwillig hier, sondern wurden von Gerichten dazu angewiesen, Sozialstunden abzuleisten. Manche waren in Drogendelikte verwickelt, andere sind gewalttätig gewesen oder haben gegen das Waffengesetz verstoßen. Die Integrationsgesellschaft hat es sich zum Ziel gesetzt, die Jugendlichen dabei zu unterstützen, wieder in die Mitte der Gesellschaft zurückzukehren. Arbeitseinsätze wie der in Schlottwitz sind eine Möglichkeit, sagt Individualpädagogin Scharf-Hahn, die auch mit Hand anlegt. „Die Jugendlichen lernen, ihren Tag zu strukturieren und bekommen Anerkennung für ihre Arbeit. “ Und die gibt es hier auch von Matthias Klaus, der im Auftrag des Forstbezirkes Neustadt den Abbruch vor Ort begleitet und wenn nötig, die Motorsäge anwirft, um den Jugendlichen beim Abbruch der Hütte zu helfen.

Ricky Polimeno ist schon wieder an der Hütte, um dort die letzten Bretter von den Balken zu reißen. Im Gegensatz zu den meisten seiner Kumpels ist er freiwillig hier und ganz bei der Sache. Er hofft, dass ihm die Integrationsgesellschaft helfen kann, sein Ziel zu erreichen. „Ich möchte IT-Manager werden“, sagt der Heidenauer selbstbewusst. Später will er sich in einer Firma mal um die Computer und den Server kümmern. Doch zunächst möchte er seinen Realschulabschluss nachholen. Der junge Mann ist sich sicher, dass er nun auf dem richtigen Weg ist, nachdem er krankheitsbedingt einige Jahre zurückgeworfen wurde. Ricky Polimeno lächelt. Er nimmt den Hammer und haut wieder ein morsches Brett vom Balken.