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Ein Pastor predigt sich ins Abseits

Ein Bremer Kirchenmann beleidigt Buddhisten, Katholiken und Moslems. Die evangelische Landeskirche ist entsetzt, muss aber mit dem unbequemen Geistlichen leben.

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© dpa

Von Irena Güttel

Bremen. Wenn es um den Glauben geht, ist der Bremer Pastor Olaf Latzel nicht zimperlich. Für ihn gibt es nur einen Gott, andere Religionen lehnt er ab.

In einer Predigt bezeichnete er jüngst das islamische Zuckerfest als „Blödsinn“, Buddha als „fetten, alten Herrn“ und die Reliquien der Katholiken als „Dreck“. Ein Sturm der Entrüstung folgte. Doch die evangelische Landeskirche kann wenig gegen Latzel unternehmen. Am Sonntag steht er erneut auf der Kanzel.

Die St. Martini-Gemeinde, bei der Latzel seit 2007 Pastor ist, liegt direkt an der Bremer Schlachte. Heute zieht die Uferpromenade entlang der Weser vor allem Touristen an, bis ins 19. Jahrhundert machten hier Handelsschiffe fest. Weltoffenheit und Toleranz hat in Bremen Tradition, das wird an diesem Ort besonders deutlich. Im krassen Gegensatz dazu stehen Latzels Worte.

„Es gibt nur einen wahren Gott. Wir können keine Gemeinsamkeit mit dem Islam haben“, hatte er unter anderem in der Predigt gesagt, die im Internet nachzuhören ist. Seine Gemeinde forderte er auf, „sauber zu bleiben“ und sich klar von anderen Religionen abzugrenzen.

„Ich stehe für jedes Wort der Bibel“

Die Landeskirche distanziert sich deutlich von den Äußerungen. Als „geistige Brandstiftung“ kritisierte Bremens leitender Theologe Renke Brahms die Predigt. Nach einem Gespräch mit dem Kirchenvorstand ruderte Latzel zwar etwas zurück. „Ich entschuldige mich für jede Passage, in der ich jemanden, der anderen Glaubens ist, verletzt habe“, sagte der 47-Jährige der Deutschen Presse-Agentur. Von den Inhalten der Predigt will er jedoch nicht abrücken. „Ich stehe für jedes Wort der Bibel.“ Und hat dabei keine Scheu, anderen kräftig auf die Füße zu treten.

Seit seinem Amtsantritt hat der bibeltreue und erzkonservative Geistliche wiederholt Schlagzeilen gemacht, mal mit frauenfeindlichen mal mit homophoben Äußerungen. Im Internet bekommt er für seine Predigt viel Beifall. Der Facebook-Seite „Solidarität mit Olaf Latzel“ folgen inzwischen mehr als 5 000 Nutzer. Auch bei der evangelischen Kirche gehen seit Tagen zahlreiche Mails von Unterstützern ein - der Großteil davon komme jedoch nicht aus Bremen, betont Brahms.

In der Hansestadt sind viele von Latzels harschen Worten entsetzt. „Das ist eindeutig ein fundamentalistischer Ansatz. Hier ist eine Grenze überschritten“, meint Pastor Bernd Klingbeil-Jahr. Wie ein Großteil seiner 130 Kollegen fordert er Konsequenzen. Der Handlungsspielraum der Landeskirche ist jedoch begrenzt. Die 61 Gemeinden in Bremen sind in Glaubensfragen komplett unabhängig, was in Deutschland einmalig ist - und die St. Martini-Gemeinde hat schon erklärt, dass sie hinter ihrem Pastor steht.

Die Landeskirche will jetzt sehen, ob sie disziplinarrechtlich gegen Latzel - der als Pastor Beamter ist - vorgehen kann. Die Predigt liegt inzwischen auch bei der Staatsanwaltschaft auf dem Tisch. Diese prüft, ob sie wegen Volksverhetzung ermittelt. Der Kirchenvorstand will auf jeden Fall nichts überstürzen. „Uns liegt sehr daran, diesen Konflikt zu deeskalieren und zu versachlichen“, sagt Brahms. „Das braucht Zeit und Sorgfalt.“ (dpa)