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Ein Palast nur für Ausstellungen

Mit der Eröffnung der Gebäude am Großen Garten vor 120 Jahren schuf Dresden glamouröse Präsentationshallen. Heute ist ihr Architekt nahezu vergessen. Zu Unrecht.

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© Sammlung Holger Naumann

Von Lars Kühl

Seine berühmtesten Bauwerke sind verschwunden. Wie auch sein Name. Oder wer kennt Alfred Moritz Hauschild noch? Ein Foto des Mannes zu finden, erweist sich schon mal als aussichtsloses Unterfangen. In Hohenfichte im Erzgebirge am 24. Oktober vor 175 Jahren geboren, ging der Sohn eines reichen Baumwollspinners mit 20 nach Dresden, um zu studieren. Hier wurde er dann zu einem bedeutenden Architekten seiner Zeit.

Der Stübelbrunnen war ein echter Hingucker mit seiner Figurengruppe von Hans Hartmann-MacLean, wie diese Postkarte um 1910 zeigt.
Der Stübelbrunnen war ein echter Hingucker mit seiner Figurengruppe von Hans Hartmann-MacLean, wie diese Postkarte um 1910 zeigt. © Sammlung Holger Naumann

Ein herausragender Gründerzeitbau entstand nach seinen Plänen. Auch dessen Spuren sucht man allerdings vergeblich. Dabei war es ein richtiger Palast, der am 2. Mai vor 120 Jahren am Stübel-, dem heutigen Straßburger Platz, eröffnet wurde. In etwa dort, wo die VW-Manufaktur inzwischen nicht nur gläsern, sondern auch leer und still steht. Gebaut wurde er für internationale Ausstellungen. Von außen war das monumentale, langgestreckte Gebäude mit seinen Kuppeln, Türmchen, Portalen sowie figürlichen und ornamentalen Verzierungen im Neorenaissance-Stil auf der Sandsteinfassade derart auffällig und pompös, dass die völlig gegensätzliche Schlichtheit im Innern die Besucher überraschte. Das war allerdings so gewollt, damit den wechselnden Exponaten die nötige Aufmerksamkeit zuteil wurde. Riesige Fenster sorgten dafür, dass zudem immer genügend Licht die Räume durchflutete.

Pläne für einen städtischen Ausstellungspalast existierten bereits länger. Konkret wurden sie 1885, als in Dresden das VI. Deutsche Turnfest stattfand. Damals reichte es aber nur zu einer Festhalle aus Holz am späteren Standort. Als zwei Jahre später die I. Internationale Gartenbau-Ausstellung im Großen Garten scharenweise von den Dresdnern und Gästen besucht wurde, erhielt das Vorhaben, eine große, repräsentative Halle zu bauen, neuen Auftrieb. Den ersten Preis eines ausgeschriebenen Wettbewerbes gewann dann 1888 jener Alfred Hauschild. Seine Entwürfe waren allerdings sehr teuer, zwei Kollegen arbeiteten sie in der Folge etwas um. Es dauerte bis 1894, als der Stadtrat grünes Licht gab und der Bau im Juni begann. Zuvor musste allerdings König Albert von Sachsen das Bauverbot auf dem Areal entlang der Stübelallee bis zum Botanischen Garten sowie für die Flächen dahinter, die als Ausstellungsgelände bis zur Herkulesallee gestaltet wurden, aufheben.

Zum gesamten Park gehörten neben dem Palast auch ein Musikpavillon und ein Verwaltungsgebäude. Der komplette Bau mit den Außenanlagen und einem künstlichen Teich kostete die damals stolze Summe von über 1,6 Millionen Mark.

Als der Ausstellungspalast zur II. Internationalen Gartenbau-Ausstellung seinen Eingang erstmals für die Besucher öffnete, war es das Beste, was es zu jener Zeit auf diesem Gebiet in Deutschland gab. In den Jahrzehnten danach wurde mehrfach um- und angebaut. Weitere aufsehenerregende Gebäude, wie das Kugelhaus, ein Planetarium und die städtische Kunsthalle, bereicherten das Ausstellungsareal, zu dem später auch ein Vergnügungspark gehörte.

Doch die blühenden Jahre mit wechselnden Ausstellungen von nationalem und internationalem Format waren nicht von Dauer. Mit Kriegsbeginn 1939 war auch am Stübelplatz Schluss. Die Bomben vom Februar 1945 zerstörten große Teile des Palastes. Die Reste der Außenmauern wurden schließlich 1949 abgerissen.

Damals stand ein weiteres beeindruckendes Bauwerk von Alfred Hauschild noch: der Stübelbrunnen, 1901 zu Ehren vom ehemaligen Bürgermeister Paul Alfred Stübel errichtet. Auch er war im Zweiten Weltkrieg beschädigt worden. Seit 1960 ist der Brunnen ebenfalls verschwunden.