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Ein Olympiasieger auf Abwegen

Kanute Tom Liebscher hat zwar keine typische Läuferfigur, aber beim Marathon dennoch einen guten Eindruck hinterlassen.

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© privat

Ein Ausnahmeathlet auf Abwegen. Wer sich beim Dresden-Marathon ein gutes Plätzchen zum Windschattenlaufen gesucht hätte, wäre hinter Tom Liebscher gut aufgehoben gewesen. Der 24-jährige Olympiasieger und aktuell zweifache Weltmeister im Kanu trabte mit seinem breiten Kreuz und 90 Kilogramm Körpergewicht im Halbmarathon in erstaunlich schnellen 1:25:57 Stunden als 72. über die Ziellinie. Mit der Sächsischen Zeitung sprach er über für ihn völlig neue Erlebnisse.

Tom, haben Sie am Tag danach alles gut verkraftet?

Es tut alles sauweh. Aber ich habe meine erste Kanueinheit schon wieder hinter mir.

War dies die längste Strecke, die Sie je am Stück gelaufen sind?

Ja. Leider konnte ich nicht im Windschatten laufen, das ist bei den idealen Läuferfiguren der meisten Starter für mich kaum möglich. Für einen Läufer habe ich wohl 15 Kilo zu viel drauf.

Sind Sie mit einem klaren persönlichen Ziel gestartet?

Ich wollte unter 1:30 Stunden bleiben. Als ich die ersten zehn Kilometer unter 40 Minuten angegangen bin, dachte ich mir: Jetzt musst du durchziehen. Bei 15 Kilometern kam der Hammer.

Wie äußerte sich das?

Anfangs habe ich viele Leute überholt. Bei Kilometer 13 habe ich die Drei-Stunden-Marathonfahne überholt. Dann wurden andere schneller, ich habe keinen mehr eingeholt, die Beine wurden schwer.

Ein einsamer Kampf?

Nein, ich habe mich an eine Läufergruppe drangehängt, für drei, vier Kilometer. Den letzten Kilometer konnte ich noch mal richtig reinhauen.

Dachten Sie unterwegs ans Aufhören?

Nein, so weit war ich nicht. Das Problem war nur, ich wusste nicht so genau, wie ich das mit dem Trinken mache. Ein paar meiner Freunde standen an der Strecke, da hätte ich meine eigene Trinkflasche deponieren sollen. Die bereitstehenden Becher habe ich mehr über meinen Körper geschüttet, als ich sie getrunken habe. Beim Trinken während des Laufens bin ich ja total unprofessionell. Einmal habe ich mir einen Becher Tee genommen, da klebten dann das ganze Gesicht und meine Hände.

Sie schrieben auf Ihrer Facebookseite von Schmerzen. Lassen die sich mit denen auf der Kanustrecke vergleichen?

Das ist ganz anders und macht für mich auch den Reiz aus.

Haben Sie sich Appetit für weitere Lauf-Abstecher geholt?

Definitiv. Auf einen Marathon habe ich wirklich mal Lust, ich muss aber gucken, wie das in meine Saisonplanung passt. Auch ein Triathlon würde mich mal reizen, weil ich merke, dass wir von der Belastungsverträglichkeit gut dabei sind. Wir können uns lange quälen. Beim Oberelbe-Marathon würde ich gern mal die 35-Minuten-Grenze über zehn Kilometer angreifen.

Waren Sie mit professionellen Laufschuhen unterwegs?

Meine Schuhe habe ich mir vergangenes Jahr im Frühling für 30 Dollar in Florida im Trainingslager gekauft. Die sind relativ leicht, waren aber, glaube ich, eher für die Tartanbahn geeignet. Ich habe mich bei der Laufmesse darüber informiert, möchte aber keine megateuren Laufschuhe für meine paar Läufe im Jahr.

Welche Strecken laufen Sie sonst in der Vorbereitung auf die Kanusaison?

Ich laufe da tatsächlich normalerweise ein- bis zweimal pro Woche mindestens eine Stunde lang. Da bin ich aber der Einzige. Und dann auch gern, wenn der Elberadweg komplett mit Schnee bedeckt ist. Da ist der Trainer dann immer froh, wenn ich wieder auf den Hof einbiege.

Das Gespräch führte Alexander Hiller.