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„Ein moralisch verwerflicher Trend“

Es war nur eine Ölspur. Doch die Reaktionen von Kraftfahrern in Langenhennersdorf haben selbst langjährige Feuerwehrleute erschrocken.

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Langenhennersdorf. Sie haben die Straße gesperrt, damit die Ölspur nicht Schlimmeres verursacht. Dafür wurden Langenhennersdorfer Feuerwehrleute von Kraftfahrern derart beschimpft, dass sie das öffentlich machten. Sie sind nicht die ersten Helfer, die in ihrem Ehrenamt derart angemotzt worden. Ist das der neue Umgangston? Darüber, was Gaffern und Behinderern droht und was Helfer tun sollten, sprach die Sächsische Zeitung mit Kreisbrandmeister Karsten Neumann.

Karsten Neumann (52) ist seit 1980 in der Feuerwehr aktiv. Er ist seit vielen Jahren Kreisbrandmeister und lebt in Ottendorf.
Karsten Neumann (52) ist seit 1980 in der Feuerwehr aktiv. Er ist seit vielen Jahren Kreisbrandmeister und lebt in Ottendorf. © Daniel Förster

Wegen einer Ölspur und einer Sperrung im Interesse der Sicherheit solche Auseinandersetzungen: Passiert das öfter?

Mir wurden Fälle wie der geschilderte bisher nicht berichtet, ohne dass ich damit sagen will, dass es diese nicht gegeben hat. In den letzten Jahren ist aber auch bei uns ein Trend zu verzeichnen, der als moralisch verwerflich bezeichnet werden kann. In den häufig verletzlichsten Momenten, die eine Person durchleben kann, werden Fotos oder Videos gemacht und diese unverzüglich ins Netz gestellt, anstatt den Verletzten zu helfen.

Sind Ihnen Fälle bekannt, wo Helfer, Retter, Feuerwehrleute schon massiv behindert oder beschimpft worden?

Massive Behinderungen, die zur Unterbindung notwendiger Einsatzhandlungen geführt haben, kenne ich nicht. Meinungsäußerungen von unbeteiligten Beobachtern gibt es durchaus. Den Einzelfall herauszugreifen ist schwer. Oft herrscht an Einsatzstellen eine sehr emotionale Stimmung, da geht es für die direkt Betroffenen um existenzielle Fragen, zum Beispiel den Verlust des Eigentums bei einem Brand.

Mit welchen Konsequenzen müssen Pöbler und Behinderer rechnen?

Ein Schaulustiger, der Rettungskräfte behindert oder Bildaufzeichnungen macht, muss mit einer Strafe rechnen. Das kann ein hohes Bußgeld sein. Das Fotografieren und die unterlassene Hilfeleistung sind sogar Straftaten, die mit einer Haftstrafe geahndet werden können.

Gab es im Landkreis schon Anzeigen gegen Schaulustige oder Behinderer?

Mir sind keine bekannt.

Was können Sie für Feuerwehrleute und andere tun, um sie zu schützen?

Es gilt, einen Umdenkprozess in der Bevölkerung zu schaffen. Es braucht nicht zuletzt präventive Maßnahmen, um Gewalt gegen Einsatzkräfte zu verhindern.

Das heißt konkret?

In erster Linie wird von Einsatzkräften Professionalität, auch in Ausnahmesituationen, erwartet. Das bedeutet auch, strikt deeskalierend zu wirken. Gänzlich unterbleiben muss, durch verbale Entgegnungen die Situation weiter anzuheizen oder dass Einsatzkräfte gar Gewalt androhen oder gegen den Störer ausüben.

Ist das im konkreten Fall oder allgemein schon passiert?

Nein. Das ist ganz allgemein gesagt. Es soll nur zeigen, dass ich von den Feuerwehrangehörigen besonnenes Handeln erwarte. Darüber hinaus soll der jeweilige Fachdienst auch nur seine Fachaufgabe erfüllen. Das Sperren von Straßen beziehungsweise die Verkehrsregulierung sind Aufgaben der Polizei.

Sie spielen auf den konkreten Fall der Ölspur an, bei dem die Feuerwehr in Abstimmung mit der Polizei die Straße sperrte …

Ja.

Das Gespräch führte Heike Sabel.