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Ein Mann für grobe Schnitzer

Mark Lange liebt die Arbeit mit der Kettensäge. Als Baumfäller versuchte er sich irgendwann an Figuren. Mit ungeahntem Erfolg.

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© Norbert Millauer

Von Ulrike Keller

Moritzburg. Der Koloss von Baumstamm, den Mark Lange vor wenigen Stunden vor sich hatte, lässt sich nur noch erahnen. Mit beiden Händen führt der Moritzburger seine Kettensäge in das Holz. Um einer ebensolchen Gestalt zu geben. Unter seinen Schnitzern entsteht ein Abbild des eigenen XXL-Werkzeugs. In Übergröße. Bestellt von einem Forstarbeiter.

Sie ist ein kraftaufwendiges Unterfangen, die Kunst der groben Schnitzer. „Fitnessstudio brauche ich nicht“, sagt der drahtige Naturbursche und lacht. Und auch auf eine gezeichnete Vorlage verzichtet er komplett. „Ich weiß doch, wie die Säge aussieht“, meint er wie selbstverständlich. Nur manche Tiere schaut er sich noch mal mal genauer an, bevor er loslegt. Das Talent des 45-Jährigen hat sich herumgesprochen. Überall erntet er Begeisterung. Als er das Handwerk im Oktober erstmals zum Fisch- und Waldfest beim Schauschnitzen präsentierte, war seine mannshohe Eicheneule verkauft, lange bevor er sie fertig hatte. Den Preis von rund 500 Euro für die zwei Tage Arbeit und eine unbezahlbare Gabe berappen die Liebhaber der motorisierten Schnitzkunst gern.

Der Garten von Mark Lange gleicht einem Katalog seiner Arbeiten in 3-D-Format. In dieser Freilichtausstellung findet sich alles, was er mit seiner Kettensäge bislang geschaffen hat: Eichhörnchen, Eulen, Adler, Räucherhäuschen. Sogar ein witziger Apfelgriebs steht parat und ein bepflanzbarer Wanderschuh. „Gleich mit Profil“, betont Mark Lange. „Damit er leichter wird.“ Denn diese Kunstwerke bringen ordentlich Gewicht auf die Waage, eine große Eule schon mal rund 200 Kilogramm.

Vor allem aber sammeln sich hier hölzerne Pilze in allen Größen. Mit denen alles angefangen hat. 2012 war es, als der Fachmann für Baumpflege und Fällarbeiten mit seiner Kettensäge mehr anstellen wollte als die handwerkliche Routine. „Ich hatte ein Stück Holz im Wald liegen und dachte, jetzt versuch ich’s einfach.“ Als er zum Pfingstfest wieder zur WM im Kettensägenschnitzen nach Dorfchemnitz fuhr, kam er mit einem Profi ins Gespräch, der ebenfalls mit Pilzen begonnen hatte. Das ermutigte ihn. Er nahm einen Tipp mit, den er bis heute beherzigt: „So wenig wie möglich schleifen.“ Ein Ehrenkodex unter den Könnern. Seitdem perfektionierte er sein Hobby.

Dass seine Arbeiten ankommen, wusste er spätestens, als er im Auftrag des Wildgeheges eine Schlange zum Draufsitzen gefertigt hatte. Kaum war diese vor seinem Gartentor für den Transport abgestellt, hatten sie schon Kitakinder in Beschlag genommen.

Am liebsten wird er in der Natur kreativ. Wo niemanden die Geräuschkulisse seiner Säge stört. „Es gibt so Tage, an denen wacht man früh auf und denkt: Heute habe ich Lust zu schnitzen“, erzählt er. Dann hängt er sich ein Stück Holz an den Traktor und fährt tief in den Wald hinein. Wichtiger Begleiter ist ihm seine Schutzbrille. Nicht nur zur Sicherheit vor Spänen. Durch das gelb-orangefarbene Glas zeigt sich der Tag immer sonnig. Eine absolute Gute-Laune-Brille. Zu guter Letzt legt er sich noch Helene Fischer auf die Kopfhörer, oder hört Radio. Und schon kann er sich hundert Prozent ins Kettensägenschnitzen vertiefen. Dann hört er auch kein Handyklingeln. Was ihm mancher Kunde schon als Desinteresse auslegte. Erreichbar ist er eher abends. „Wenn alles passt, habe ich eine Eule schon an einem Tag geschafft“, berichtet er stolz. Bestellungen nimmt er jedoch mit drei Wochen Vorlauf entgegen.

Ideal für Mark Lange: Seine Frau betreibt in Radebeul-Altkötzschenbroda das Kunstgewerbegeschäft Träber. Dort gehören seine Skulpturen längst zum Sortiment. Für das nächste Weihnachtsfest wurden bereits Bergmänner bei ihm in Auftrag gegeben. Eine neue Herausforderung.

Bisher hat Mark Lange nur nebenbei geschnitzt. Seitdem er sich im November als Baum- und Grünanlagenpfleger selbstständig gemacht hat, plant er die Kettensägenkunst als feste Sommerbeschäftigung. Anfragen gibt es mehr als genug.