Von Jens Fritzsche
Radeberg. Zwischenzeitlich hatte er seinen Satz schon mal hier und da bereut. Er habe schon Schlimmeres gesehen, hatte Thomas Kühn erklärt, als er an einem ziemlich kalten Februartag 2015 gemeinsam mit Radebergs OB Gerhard Lemm und Stadtrat Wolfgang Seifert durch die heruntergekommene Verleger-Villa an der Hauptstraße geklettert war. Die Villa war ja eigentlich schon zum Abriss freigegeben gewesen. Die Stadt hatte das morsche Gemäuer samt der dahinterliegenden alten Druckerei vor Jahren übernommen, nachdem das Ganze zur sogenannten Insolvenzmasse geworden war. Der Besitzer des Areals hatte nicht mehr zahlen können. Aber die Stadt hatte über Jahre keinen Interessenten gefunden – und als dann auch noch jugendliche Zündler hier ihr Unwesen getrieben hatten, war die Entscheidung gefallen: die Abrissbagger sollten kommen.
Impressionen aus der sanierten Radeberger Villa
Einsatz für historisches Stück Radeberg
Doch dann kam doch noch alles ganz anders. Die Radebergerin Margitta Walter, die im Stadtzentrum wohnt, fand es einfach schade, wenn wieder ein Stück historisches Radeberg verschwinden würde, wie sie sagte. Immerhin war hier einst die renommierte „Radeberger Zeitung“ gegründet und gedruckt worden und die bekannte Verlegerfamilie Hordler lebte und arbeitete hier. Deshalb heißt die Verleger-Villa eigentlich auch Hordlervilla – und so steht es nun auch wieder unter der Hausnummer 61. Denn sowohl Margitta Walter als auch Stadtrat Wolfgang Seifert „baggerten“ an einem Mann, der sich schon seit Jahren regelmäßig um abrissreife Häuser kümmert. Auch in Radeberg, weil er in Radeberg geboren wurde: Thomas Kühn, Chef der in Dresden ansässigen Immobilienfirma Senator. „Ich wusste, dass er durchaus ein Interesse haben könnte, dieses historische Gebäude zu erhalten“, sagt Wolfgang Seifert. Und klingt dann auch ein bisschen stolz, dass die „Kletterei“ im Februar 2015 erfolgreich gewesen ist.
Im November kommen die ersten Mieter
Thomas Kühn sagte zu, das Haus wieder auf Vordermann zu bringen, die Stadt unterstützte ihn beim Thema Fördermittel wegen des bestehenden Denkmalschutzes – „und dann ging’s los“, erinnert sich Thomas Kühn, als er auf dem sanierten, schmalen Balkon überm Eingang zur Hordlervilla steht. Und er erinnert sich eben auch noch genau daran, „dass das Dach total kaputt gewesen ist, die Zwischendecken komplett neu eingezogen werden mussten“ und dass im Erdgeschoss ein historisches Kappengewölbe mit aktuellen Wärmedämmvorgaben zusammengebracht werden musste. Und dann gibt er lächelnd zu, dass er wie erwähnt diesen Satz vom Februar 2015 ab und an bereut hatte. Jetzt aber nicht mehr. Jetzt, da die Bauleute hier – gegenüber dem schmucken Kaiserhof – nur noch Restarbeiten erledigen. Denn im November werden die ersten Mieter einziehen.
Und die Nachfrage ist da. Vor allem Dresdner sind es dabei, die sich die Wohnungen am Eingang zur Radeberger Innenstadt gesichert haben. Denn große, bezahlbare Wohnungen für Familien mit mehreren Kindern, die sind rar in der Elbestadt, weiß Thomas Kühn. Noch zu haben sind zwei Zwei-Raum-Wohnungen, „aber auch die werden sicher bald vergeben sein“, ist er überzeugt. Und hat auch schon das nächste Objekt in Radeberg im Blick. „Aber das ist noch nicht ganz spruchreif“, will er noch nicht allzu viel verraten.