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„Ein liebenswerter Wohnort“

Die städtische Gesellschaft Seeg ist gut aufgestellt. Sie wird bauen, auch ihren Kindergarten – aber nicht am Weinberg.

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© Seeg

Meißen. Neue Mieter, stabile Finanzen und attraktive Projekte – dieses Bild zeichnet die Geschäftsführerin der Seeg, Birgit Richter. Die SZ wollte wissen, was das Unternehmen in diesem Jahr vorhat.

Birgit Richter leitet seit fünf Jahren die Wohnungsgesellschaft Seeg und verbucht Zuwächse mit dem Unternehmen.
Birgit Richter leitet seit fünf Jahren die Wohnungsgesellschaft Seeg und verbucht Zuwächse mit dem Unternehmen. © Claudia Hübschmann

Frau Richter, wie viele Wohnungen bewirtschaftet die Seeg?

Mit dem Jahresende 2017 hatten wir genau 2 505 Wohnungen. Wir haben in den letzten fünf Jahren etwa 200 für uns nicht wirtschaftliche veräußert. Damit ist der Verkauf weitestgehend abgeschlossen. Unsere Neubauten werden die Wohnungsanzahl nicht so wesentlich verändern. Wenn man davon ausgeht, dass es in Meißen etwa 17 000 Wohnungen gibt und etwa die Hälfte davon nicht Eigentum, sondern vermietet sind, dann bewirtschaften wir und die Genossenschaft zusammen die reichliche Hälfte der Mietwohnungen in Meißen.

Welche Entwicklungen gibt es innerhalb Ihres Wohnungsbestandes?

Wir erfassen die Mietverhältnisse, die zu Ende gehen und die wir neu abschließen können, sehr genau. Dabei ergibt sich ein Bild, das dem anderer Wohnungsgesellschaften entspricht: etwa zehn Prozent Fluktuation pro Jahr und ein paar mehr neue Mietverhältnisse als Auszüge. Im vergangenen Jahr hatten wir 221 neue Haushalte, also etwa 400 neue Mieter. Gekündigt haben gut 200 Haushalte, sodass wir unseren Leerstand weiter senken konnten.

Welche Rolle spielen altersbedingte Kündigungen von Wohnungen?

Im vergangenen Jahr hatten wir 61 Abgänge aus Altersgründen, weil Mieter ins Altenheim oder in die Familie gehen oder gestorben sind. Die altersbedingte Fluktuation ist sehr hoch, einen Ausgleich schaffen wir durch Zuzüge von außerhalb. Dabei haben wir einen sehr positiven Wanderungssaldo, im vergangenen Jahr hatten wir 93 Zuzüge von außerhalb und nur 42 Wegzüge aus Meißen.

Welche Bauvorhaben will die Seeg in diesem Jahr abschließen, welche neu beginnen?

Wir werden die beiden Häuser auf dem Kalkberg 32 mit insgesamt neun Wohnungen fertigstellen, das ist unser erster richtiger Neubau. Und wir schließen die grundlegende Modernisierung von 35 Wohnungen auf der Görnischen Gasse 12 und der Neugasse 31 – dort gab es bislang noch Ofenheizung. Neu wollen wir in Kürze, im Februar, März am Kalkberg 2 beginnen. Das ist das größte Neubauobjekt, das die Seeg jemals geplant hat. Dort entstehen 22 Wohnungen und drei Gewerbe – mit einer Zahnärztin haben wir schon einen Vorvertrag abschließen können. Bis Herbst 2019 wollen wir den Neubau samt Tiefgarage fertigstellen. Alle Wohnungen werden barrierefrei und über Aufzüge erreichbar sein. Es gibt schon erste Mieteranfragen. Hier wollen wir rund fünf Millionen Euro investieren. Außerdem wollen wir im Spätsommer mit der Komplettsanierung des Wohnblocks Mücke-Ring 12 beginnen. Von den ursprünglich 54 Wohnungen hatten wir die Hälfte Leerstand. Wir werden dort Aufzüge installieren und Wohnungsgrundrisse verändern, damit größere Wohnungen, die von Familien nachgefragt werden, entstehen. Im Erdgeschoss wird ein Quartierstreffpunkt entstehen, und wir hoffen, dass wir dadurch das Gemeinschaftsleben aktivieren können.

Welchen Gewinn weist die Seeg jährlich aus und was geschieht damit?

In den vergangenen fünf Jahren lag er jährlich bei etwa 900 000 Euro. Wir können daraus erwirtschaftete Liquidität für Investitionen nutzen. Wir wollen in diesem Jahr mehr als sieben Millionen Euro in die Instandhaltung und Modernisierung unserer Wohnungen investieren. Dabei wird die Instandhaltung komplett aus Eigenmitteln finanziert. Neubauten hingegen werden zu 60, maximal 80 Prozent über neue Darlehen finanziert. Dabei sind die Tilgungen der Altkredite immer höher als die Neuaufnahmen, sodass es zu einer kontinuierlichen Entschuldung der Gesellschaft kommt. Im vergangenen Jahr haben wir zudem Altschulden in Höhe von mehr als drei Millionen Euro durch eine Sonderzahlung getilgt.

Die Seeg versteht sich ja nicht nur als Wohnungsvermieter, sondern als Stadtentwicklungsgesellschaft. Warum engagiert sich Ihr Unternehmen bei der Fährmannstraße nicht?

Uns gehören auf der Fährmannstraße die Nummer 5 und die 10, die 1, 2, 3 und 4 sind städtisches Eigentum. Einerseits ist unsere Investitionskraft begrenzt, andererseits auch die Nachfrage nach Wohnungen. Unsere derzeitigen Vorhaben lassen uns die nächsten fünf Jahre keine Freiräume, um zusätzliche Investitionen zu tätigen. Natürlich wird etwas mit unseren beiden Häusern auf der Fährmannstraße geschehen.

Das Kindergartenprojekt an der Dresdner Straße ist heftig diskutiert worden. Was sagen Sie als Bauherrin dazu?

Wir haben uns ein Referenzprojekt in Dresden angeschaut und Beispiele in und um unsere Partnerschaft Fellbach, wo die Nähe von Weinberg und Kita als völlig unproblematisch gesehen wird. Eine Stellungnahme der Winzergenossenschaft sah keine Probleme mit dem Pflanzenschutz. Die Kita im Weinberg mit Kooperation der Winzerin hätte ein interessantes Projekt werden können. Stattdessen werden wir die alte Kita auf der Mannfeldstraße zurückbauen und im März den Bauantrag für eine neue stellen.

Wo sehen Sie Meißen als Wohnungsstandort in zwanzig Jahren?

Ich sehe Meißen dann als liebenswerten, ruhigen und naturnahen Wohnort mit einer guten Infrastruktur und Verkehrsberuhigung. Unabhängig von Elektroautos wird sich die Anzahl der Pkws wieder reduzieren, weil ich glaube, dass die jungen Leute stärker auf alternative Möglichkeiten setzen werden – vom Fahrrad bis zu Car-Sharing. Ich hoffe, dass zunehmend neben dem historischen Zentrum moderne energieautarke Stadthäuser entstehen werden. Und ich hoffe, dass gemeinschaftliches Wohnen stärker Interesse bei jungen Leuten finden wird, bis hin zur gemeinsamen Nutzung von Dienstleistungen wie Waschcenter, Gemeinschaftsräume und Gästewohnungen. Ich denke auch, dass es eine zunehmende Vermischung von Wohnen und Arbeiten geben wird, die neue, moderne Infrastrukturen erfordern wird.

Interview: Udo Lemke