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Ein König fällt

Branchenprimus Solarworld kämpft ums Überleben und schockt Anleger. Vorstandschef Frank Asbeck plant den Schuldenschnitt.

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Von Edgar Bauer

Lange galt Frank Asbeck als der „Sonnenkönig“ vom Rhein: Der Gründer und Vorstandschef von Solarworld war ein Pionier und das Aushängeschild der gesamten Solarbranche. Aktionäre konnten viel Geld mit dem Bonner Unternehmen verdienen – bevor die Krise kam und der Kurs in sich zusammensackte. Nun drücken Schulden und rote Zahlen – es geht um die Zukunft des Lebenswerks von Asbeck.

Seit der knappen Pflichtmitteilung vom Donnerstagabend ist klar: Die Luft ist dünn geworden für Solarworld. Sehr dünn. Der deutsche Branchenprimus mit 3.000 Mitarbeitern weltweit, davon allein 1.300 Arbeitnehmer im sächsischen Freiberg, ist finanziell in argen Nöten. Aber Pleitegefahr bedeutet das nach Auskunft Asbecks nicht, es gehe jetzt um Schuldenreduzierung. „Das hat nichts mit einer Insolvenz zu tun.“ Dabei drohen den Gläubigern heftige Verluste. Denn entweder sie verzichten auf einen Teil ihres Geldes oder sie laufen Gefahr bei einer Insolvenz noch mehr, wenn nicht alles zu verlieren. Ende September hatte Solarworld eigenen Angaben zufolge langfristige Schulden in Höhe von 1,04 Milliarden Euro. Darunter 543 Millionen Euro in Anleihen und 354,2 Millionen Euro in Schuldscheinen. Die von einem möglichen Schuldenschnitt betroffenen Anleihen brachen am Freitag ein – ebenso der Aktienkurs.

Die heftige Krise in der einstigen Aufbruchbranche durch Überproduktion und Wettbewerbs- und Preisdruck fordert Zug um Zug ihre Opfer. Da halfen auch die staatlichen Subventionen nicht, mit denen die Solarenergie in Deutschland gefördert wurde. Vor allem der von China forcierte harte Wettbewerb mit einem anhaltenden Preisverfall bei Solarprodukten führte einstige Vorzeigeunternehmen in die Insolvenz oder brachte sie zumindest in arge Bedrängnis.

Neben anderen deutschen Anbietern musste auch Solarworld auf dem deutschen Heimatmarkt der Konkurrenz aus Fernost immer mehr das Feld überlassen. Für Asbeck ist China der Sündenbock. Er warf der chinesischen Solarbranche in den vergangenen Monaten immer wieder vor, eine „ruinöse Abwärtsspirale“ in Gang gesetzt zu haben. Dies sei nur mit staatlicher Hilfe möglich, denn auch die Chinesen seien keine „Hexenmeister“. Die USA und die EU wollen China mit Strafzöllen und Dumping-Beschwerden wieder in die Schranken weisen. Die Aussichten der EU-Beschwerde sind zweifelhaft.

„Auch bei einem möglichen Erfolg der Anti-Dumping- und Anti-Subventionsbeschwerde ist nicht zu erwarten, dass Solarworld von den Chinesen Marktanteile zurückgewinnen wird“, sagt Branchenanalyst Wolfgang Hummel vom Zentrum für Solarmarktforschung. Schon in den USA hätten die dort eingeführten Anti-Dumping-Zölle, die eine Kostenbelastung für chinesische Anbieter bedeuten, für Solarworld keine Vorteile gebracht und nicht geholfen, eine „Wettbewerbsschwäche zu kompensieren“. Auch die US-Solarhersteller kämpfen mit hohem Konkurrenzdruck und sinkenden Subventionen. US-Branchenprimus First Solar hat seine Produktion in Frankfurt an der Oder zum Jahreswechsel dichtgemacht. 1200 Beschäftigte sind betroffen.

Solarworld habe auch in Deutschland, dem weltgrößten Photovoltaik-Markt, von den Zubauzahlen in 2012 nur unterdurchschnittlich profitieren können, erläutert Analyst Hummel.

„Das Geschäft bei den Solarparks und großen Freiflächen musste Solarworld der chinesischen Konkurrenz überlassen.“ Das Geschäftsmodell von Asbeck sei nicht zukunftsfähig, weil die Fertigung am deutschen Standort zu teuer sei. Solarworld hat Produktionsstätten in Freiberg (Sachsen) und in den USA. Asbeck setzte bisher auf Durchhalteparolen, die „deutsche Qualität“ werde sich durchsetzen und es werde „sich die Spreu vom Weizen trennen“. Im US-Geschäft kann er mit seinem Werbezugpferd Larry Hagman nicht mehr punkten. Der aus der TV-Serie „Dallas“ bekannte Schauspieler ist vor zwei Monaten gestorben. Asbeck hält selbst knapp 28 Prozent der Anteile an Solarworld. Mögliche Einkünfte hat er mit dem Schicksal seines Unternehmens verknüpft und angekündigt, er wolle so lange auf Gehalt, Bonus und Dividende verzichten, bis Solarworld wieder profitabel ist. „Meine Entscheidung soll ausdrücken, dass ich an das Unternehmen glaube“, sagte Asbeck bei der Halbjahresbilanz im Sommer 2012. (dpa)