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Ein kaukasischer Fuchs

Für Deutschland hat er viel getan, in seiner Heimat war er ein politischer Verlierer: ein Nachruf auf Eduard Schewardnadse.

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© dpa

Von Irakli Absandse und Ulf Mauder

Den Deutschen bleibt Eduard Schewardnadse als einer der Wegbereiter der Wiedervereinigung unvergessen. Der Georgier habe als letzter sowjetischer Außenminister eine große Rolle bei der deutschen Einheit gespielt, würdigt Michail Gorbatschow seinen gestern in Tiflis nach langer Krankheit gestorbenen Freund und Wegbegleiter. Schewardnadse vertrat in den 1980er-Jahren die damals revolutionäre Politik von Glasnost und Perestroika, die letztlich auch zum Ende des Kalten Krieges und zum Mauerfall führte. Trotz geschwächter Gesundheit meldete sich der in seiner Residenz bewachte Politiker in der georgischen Hauptstadt immer wieder zu Wort. 2012 sagte er ein Ende des Regimes von Georgiens Präsident Michail Saakaschwili voraus. Bei allem Verständnis für den Kurs der in die EU und in die Nato strebenden Ex-Sowjetrepublik pochte er stets auf ein gutes Verhältnis zum großen Nachbarn Russland. Gleichwohl fristete er weitgehend zurückgezogen das Dasein eines politischen Verlierers. Als Präsident der Kaukasusrepublik musste er in der Rosenrevolution 2003 wegen seines korrupten Regimes zurücktreten und seinem Ziehsohn Saakaschwili das Feld überlassen. In seiner hoch ummauerten Villa in den Hügeln von Tiflis erlebte der „kaukasische Fuchs“ dann auch den Fall des wegen seines Führungsstils umstrittenen Saakaschwili.

Der studierte Historiker, 1928 in Mamati nahe der Schwarzmeer-Küste geboren, machte bereits zu Stalins Zeiten Karriere in der Kommunistischen Partei der Sowjetunion. Kremlchef Gorbatschow holte ihn dann 1985 nach Moskau. Die für Deutschland wichtigste Arbeit leistete Schewardnadse als Vertreter der Sowjetunion bei den Zwei-Plus-Vier-Gesprächen – gegen den Widerstand vieler Kommunisten und Armeegeneräle in Moskau. Darin erinnert er auch in seiner Biografie „Als der Eiserne Vorhang zerriss“. Viele russische Nationalisten sehen in dem Georgier noch heute einen Totengräber des Sowjetimperiums.

Für Schewardnadse bedeutete der Zerfall des Ostblocks 1991 eine Rückkehr in seine Heimat. Im damals gerade unabhängig gewordenen Georgien herrschten Chaos, Armut und Bürgerkrieg. Schewardnadse gelang es zwar, das Land zu befrieden und 1995 die erste Mehrparteienwahl abzuhalten. Auch Teile einer unter ihm angenommenen Verfassung sind noch in Kraft. Doch die schweren sozialen und wirtschaftlichen Probleme und die Korruption bekam er nicht in den Griff.

Drei Attentate überlebte er in den elf Jahren seiner Präsidentschaft. Dreimal bestätigten die Georgier ihn im Amt. Jedes Mal stand der Vorwurf der Wahlfälschung im Raum. Auch die Konflikte um die abtrünnigen und von Russland als unabhängige Staaten anerkannten Teilrepubliken Abchasien und Südossetien vermochte der erfahrene Staatsmann nicht zu lösen.

Schewardnadse durfte bis zuletzt seine Privilegien einer Residenz mit Leibwächtern behalten. An den Wänden seines Arbeitszimmers hängen Fotos mit Staatsmännern wie Nelson Mandela, Ronald Reagan und Hans-Dietrich Genscher. Privat waren dem Georgier nach dem Tod seiner Frau Nanuli 2004 vor allem seine Kinder und Enkelkinder eine Stütze. (dpa)