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Ein Jurist im Nahen Osten

Der Friedersdorfer Alexander Levko lebt und arbeitet in Dubai. In der Welt der Scheichs ist vieles rekordverdächtig.

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© Pawel Sosnowski/80studio.net

Von Anja Beutler

Der erste Biss in den Weihnachtsstollen ist der beste: Alexander Levko schließt kurz die Augen und genießt die Leckerei. Es ist wohl sein erstes Stück Stollen dieses Weihnachten, das er in einem Café nahe dem Görlitzer Postplatz probiert. Lange ist der 39-jährige Jurist auch noch nicht wieder auf deutschem Boden. Erst kurz vor dem Fest ist er aus den Vereinigten Arabischen Emiraten kommend in Dresden gelandet und dann nach Friedersdorf weitergefahren. Weihnachten wollte er unbedingt mit seinen Eltern verbringen, Bekannte und natürlich auch sein Patenkind in Jauernick-Buschbach besuchen.

Der Burj Khalifa in Dubai ist das derzeit höchste Gebäude der Welt. Alexander Levkos Büro liegt ganz in der Nähe des Wolkenkratzers.
Der Burj Khalifa in Dubai ist das derzeit höchste Gebäude der Welt. Alexander Levkos Büro liegt ganz in der Nähe des Wolkenkratzers. © dpa

Seit einem halben Jahr lebt und arbeitet Levko in Dubai, beim weltweit tätigen Wirtschaftsprüfungsunternehmen Pricewaterhouse Coopers (PwC), für das er seit rund zehn Jahren tätig ist. Bislang stand sein Schreibtisch allerdings in Frankfurt am Main, ein paar Monate lang auch in London. In der britischen Hauptstadt wäre er gern geblieben. Doch er erhielt ein Angebot für Dubai, einem der sieben Emirate, die sich in einer Föderation zu den Vereinigten Arabischen Emiraten zusammengeschlossen haben. „Ich habe früher immer im Frankfurter Büro gewitzelt, ich fahre nach Görlitz, in den Nahen Osten“, lacht er. Denn von Frankfurt bis Görlitz war er sieben Stunden unterwegs, aktuell sind es mit zwölf Stunden Reisezeit gar nicht so viel mehr. Allerdings ist er nun wirklich in die Welt der Scheichs und Superlative eingetaucht: „Unser Bürohaus steht nicht weit vom berühmten Burj Khalifa entfernt – manchmal spendet uns der riesige Turm auch Schatten“, erzählt er.

In Deutschland hat Alexander Levko für seinen neuen Job alle Zelte abgebrochen. „Ja, das ist keine Übung, das ist Ernst“, sagt er mit Augenzwinkern. Er sei hier ganz korrekt abgemeldet und wohne im 20. Stock eines 35-Geschossers mitten in Dubai. „Als ich zur Wohnungsbesichtigung mit der Maklerin dort war, funktionierte der Fahrstuhl nicht“, erinnert er sich. Er musste tatsächlich Treppen laufen und begegnete unterwegs einer Nachbarin. Sie wünschte ihm lächelnd auf Englisch „Viel Glück!“. „Das fand ich sympathisch“, sagt er. Für die Wohnung – ohne Heizung aber mit Kühlung – hat er sich dann entschieden und lebt nun in einem eigenen Kosmos, in dem man Franzosen, Deutschen, Engländern, Arabern, Indern oder auch Osteuropäern ganz selbstverständlich begegnen kann und im Haus selbst auch einen Supermarkt hat.

Ohnehin ist die Arbeits- und Lebenswelt in Dubai sehr international: „Rund 85 Prozent der Menschen hier sind Arbeitsmigranten wie ich“, sagt er. Das klingt ein bisschen seltsam in dem reichen Land, das keine Steuern kennt und wo Porsche oder McLaren-Sportwagen ganz selbstverständlich über die 14-spurigen Autobahnen fahren. „Da dreht sich dort keiner danach um oder macht ein Foto“, sagt er.

Die Arbeit selbst ist für den Oberlausitzer eigentlich nicht viel anders als im Büro in Deutschland. Als direkt beim Unternehmen angestellter Jurist befasst er sich vor allem mit Vertragsrecht. Denn PwC ist ein Dienstleister, der Finanz- und Steuerberatungen sowie Prüfungen anbietet. Dazu sind Verträge nötig, die er prüft oder mit erstellt. Einen Unterschied gibt es dann aber doch: In Dubai läuft alles Englisch, auch der Small Talk mit den Kollegen. Für Alexander Levko ist das kein Problem. Er hat nach seinem Abitur am Görlitzer Joliot-Curie-Gymnasium in Dresden Jura studiert und war dabei anderthalb Jahre in den USA, bevor er für sein Referendariat und damit auch für den späteren Job nach Hessen zog. Erfahrungen mit dem Nahen Osten, mit dem Islam und der Lebensweise hatte er ebenfalls bereits gemacht, weil er einige Jahre mit einer Iranerin verheiratet war. Dennoch sagt er auch ganz deutlich: „Ich käme hier nicht klar, wenn ich nicht tolerant und offen wäre.“ Dank Internettelefonieren per Skype kann er seine Eltern und seine Freundin in Deutschland hören und sehen. Auch auf viele westliche Waren muss er nicht verzichten: „In Dubai gibt es fast alles, wenn man es sich leisten kann und will – sogar Weihnachtsbäume“, sagt er. Was es aber gefühlt nicht wirklich gibt, ist eine eigene Identität des Landes: So könnten zum Beispiel die meisten Gebäude in jeder beliebigen Großstadt stehen.

Zwei Jahre will Alexander Levko in Dubai mindestens bleiben. Im Moment fühlt er sich wohl, vieles lernt er gerade erst kennen: „Ich liebe die Großstadt und das Meer und da habe ich beides.“ Am Wochenende – Freitag und Sonnabend – geht er gern an den Strand. Dubai liegt ja am Persischen Golf. Im Sommer, bei bis zu 46 bis 48 Grad im Schatten, bleibt er allerdings nicht allzu lange. Schwimmen kann man auch im Pool, wer Joggen oder Radfahren will, bricht besser vor Sonnenaufgang auf, sagt er. Ein Erlebnis war das Formel-1-Rennen in Abu Dhabi im November, das er besuchte. Und mit den Kollegen in der Wüste grillen und campen, wird er jetzt im Winter bei angenehmen 25 Grad am Tag und 17 Grad in der Nacht wohl auch einmal testen.