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Ein Jahr Hoffen und Bangen

Marion Münch hat mehrere Operationen an den Augen hinter sich. Lange hatte sie den Grünen Star vorher unterschätzt.

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© Steffen Unger

Von Gabriele Naß

Bischofswerda. Im Allianz-Büro an der Kamenzer Straße in Bischofswerda sitzt eine freundlich lächelnde 57-Jährige. Die Strapazen des letzten Jahres hat Marion Münch gut weggesteckt, so scheint es. Tatsächlich freut sie sich auch, dass sie wieder in ihrem geliebten Beruf arbeiten kann, dass es ihren Arbeitsplatz noch gibt und ihr Chef Frank Richter nicht unwesentlich dazu beigetragen hat, dass dem so ist. Aber dann kommen auch gleich die Tränen. Als Marion Münch auf Bitten der SZ erzählt, warum sie fast ein Jahr nicht arbeiten konnte und was sie erlebt hat, wird klar, dass ihr selbst erst nach und nach bewusst wird, was passiert ist und hätte schiefgehen können.

Vor dreizehn Jahren wurde bei Marion Münch die Augenkrankheit Grüner Star entdeckt, in ihrem Fall ein Engwinkelglaukom. An erhöhtem Augendruck war das erkannt worden. Die Ehefrau und Mutter von drei erwachsenen Söhnen ist Mitte 40, als sie sich in eine von da an engmaschige Behandlung begeben muss. Geschockt von der Diagnose sei sie damals nicht gewesen, meint Marion Münch. „Ich hatte einen erhöhten Augendruck. Dass die Krankheit zur Erblindung führen kann, war mir gar nicht bewusst. Vielleicht wollte ich es auch nicht wissen. Erst jetzt ist mir vor Augen geführt worden, dass es über kurz oder lang hätte schlimm ausgehen können.“

Acht Operationen in neun Monaten

Der Augendruck wurde jahrelang behandelt und konnte doch nicht auf Normalmaß gebracht werden. Am Ende hieß es vor einem Jahr, dass Marion Münch nichts mehr hilft außer einer Operation. Sie hatte sich gut beraten lassen und entschloss sich schließlich zu einem Eingriff an den Augen. Am 5. August 2014 kam sie in Dresden unters Messer. Davor hatte sie sich mit der Maßgabe bei ihrem Chef verabschiedet, „in vier bis sechs Wochen bin ich wieder da.“ Es kam anders.

Achtmal zwischen August letzten und April diesen Jahres wurde Marion Münch operiert, abwechselnd an beiden Augen, dreimal rechts, fünfmal links. Immer wieder stellte sich etwas ein. Manchmal kam sie von zu Hause nichtsahnend zur Nachuntersuchung – und musste gleich wieder im Krankenhaus bleiben. Marion Münch hat viele Erfahrungen im Umgang mit der Krankheit gesammelt, sie einzuschätzen gelernt. Aber darauf hätte sie gern verzichtet. „Bloß gut, dass ich nicht gewusst habe, was auf mich zukommt.“

Quälende Ungewissheit hat die Seele angefressen

Während der vielen Rückschläge „haben mir die Ärzte immer Hoffnung gemacht. Sie haben gesagt, es braucht Zeit, ich soll Geduld haben, immer wieder Geduld. Aber die hat man nicht, wenn man noch nicht Rentner ist.“ Es ist dieser Moment beim Erzählen, als Marion Münch die Tränen kommen. Es ist der Moment, in dem sie von Angst und verlorenem Glauben spricht. In dem Jahr der Rückschläge hat ihr auch die Familie viel Mut gemacht. Sie selbst hat sich trotzdem unendlich viele Gedanken um ihre Gesundheit gemacht und darum, wie es mit der Arbeit weitergehen wird. „Ich bin so froh, dass ich nicht gleich die Kündigung bekommen habe. Nichts ist doch sicher. Aber diesen Job mache ich schon mein ganzes Leben lang. Ich mache es gern, es macht mir Spaß.“ Sie fühle sich zu fit, um darüber nachzudenken, in Rente zu gehen. Die quälende Ungewissheit, ob sie der Augen wegen überhaupt wird wieder arbeiten können, hat die Seele angefressen.

Im Moment ist alles gut. Die Gefahren sind erst einmal gebannt. „Der Augendruck hat sich zum Guten entwickelt.“ Marion Münch musste erst alle zwei, jetzt muss sie alle vier Wochen bei Spezialisten zur Kontrolle. Sie hat mehrere neue Brillen und „ich schau, dass ich damit klarkomme. Ihr Job ist damit verbunden, mehrere Stunden am Tag in den Computer zu schauen und Marion Münch hofft, dass die Augen das mitmachen. Schon berät sie wieder freundlich und kompetent, arbeitet auf, was sich in ihrer Branche getan hat, als sie weg war. Viele Kunden wissen ihre Arbeit zu schätzen. Die gelernte Finanz- und Versicherungswirtschaftlerin hat das am Schreibtisch im Büro schon oft zu spüren bekommen. Und jetzt auch am Krankenbett und zwischendurch im Unruhe-Krankenstand zu Hause in Steina. Marion Münch erzählt, „es hat öfter mal Anrufe gegeben. Sie haben sich erkundigt, wie es mir geht. Mir hat das unheimlich gutgetan.“