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Ein Hoch auf die Madame im Mann!

Auf dem Dresdner Tuntenball feierten rund 300 Gäste die Freiheit des Andersseins. Einer hatte besondere Strahlkraft.

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© René Meinig

Von Nadja Laske

Dresden. Kalt. Ganz kalt. Das hier ist keine Manga-Party. Die beiden japanischen Touristen vorm Haupteingang des Quality Plaza Hotels schauen rätselnd auf ein bärtiges Teufelchen im Ganzkörperanzug, schneeweiß und hauteng. Das steigt auf unglaublich hohen Absätzen über den roten Teppich. Ihm folgt eine Traube gestylter Ladys. Auch sie stöckeln kichernd in Richtung Ballsaal Lindengarten. Es ist Sonnabendabend, irgendwas scheint angesagt zu sein, immer mehr Damen in raschelnden Abendkleidern treffen ein.

Highlight im wahrsten Sinne ist Terry Taylor, die komplett erleuchtet erschien – vom Kleid über die Frisur bis hin zur Handtasche.
Highlight im wahrsten Sinne ist Terry Taylor, die komplett erleuchtet erschien – vom Kleid über die Frisur bis hin zur Handtasche. © René Meinig

Da wird ein Ball gefeiert. Schon wärmer. Richtig heiß aber wird es dort, wo sich an festlich gedeckten Tischen die Gäste mit großem Hallo begrüßen. Volltreffer: willkommen beim 4. Dresdner Tuntenball!

„Willkommen beim Anderssein, beim Anders-miteinander-Sein!“ Mit diesen Worten begrüßt Veranstalter Tess Tiger seine rund 300 Gäste. Der Travestiekünstler führt durch den Abend und beginnt ihn mit einigen Worten zum Selbstverständnis der Veranstaltung. Hier kommen überwiegend Männer zusammen, die Freude daran haben, sich groß in Robe zu werfen, an Schmuck und Schminke nicht zu sparen, in High Heels zu flanieren, das Haar offen oder imposante Perücken zu tragen. Kurzum, sich als Mann in einem Outfit zu zeigen, mit dem er im alltäglichen Leben wohl nicht akzeptiert werden würde. Hier aber genießen die Gäste in größter Selbstverständlichkeit ihre Facetten – die einen mit großer Geste, die anderen in zurückhaltender Eleganz, manche zur Show, die meisten aber für sich und in fröhlicher Runde mit Freunden und Bekannten.

„Früher war eine Tunte ein vornehm gekleideter Herr mit Haarnetz“, erinnert Tess Tiger von der Bühne aus an vergangene Zeiten. Heute werde der Begriff als Schimpfwort benutzt. Doch wer hier wolle sich daran stören? Wenn jemand Humor hat und über sich selbst lachen kann, dann sind es all jene, die sich unter dem Label Tuntenball eine schillernde Nacht nicht entgehen lassen.

Für die sorgen außerdem zahlreiche Künstler aus Dresden, Deutschland und Österreich. Einer der größten Tuntenbälle Europas ist in Graz zu Hause. Von dort reisten viele Gäste an. Absolutes Highlight: Joy Peters, ein Travestiekünstler aus Wien mit großartiger Stimme, reichlich Witz und Begabung zum Entertainment. Ein gelungener Abend und eine Bereicherung der Stadt. Stößchen auf die Madame im Mann!