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Ein Haus wie ein Zuhause

Die jungen Leute brauchen den Mügelner Treff. Sie kämpfen mit ihren Mitteln für ihn.

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© Norbert Millauer

Von Heike Sabel

Heidenau. Ein Abschied ist es, aber keine Beerdigung. Der Tag der Begegnung im Mügelner Kinder- und Jugendhaus am Freitag war der letzte unter der Trägerschaft des CJD. Das Christliche Jugenddorfwerk gibt das Haus auf der Siegfried-Rädel-Straße zum Jahresende zurück an die Stadt. Die sucht nun jemanden, der dann irgendwann auch den vierten Begegnungstag organisiert.

Rot und grün: Zwischen Stopp und Weitermachen befindet sich derzeit das Mügelner Kinder- und Jugendhaus.
Rot und grün: Zwischen Stopp und Weitermachen befindet sich derzeit das Mügelner Kinder- und Jugendhaus. © Norbert Millauer

Bürgermeister Jürgen Opitz (CDU) verspricht, dass es auf jeden Fall weitergeht. Ob gleich am 1. Januar, kann er jedoch nicht zusichern. Es werde eine Übergangszeit geben. Hauptsache, sie ist nicht zu lang, sagen viele am Freitag. Denn was einmal eingeschlafen ist, ist schwer wieder aufzuwecken.

Dass es das Jugendhaus nicht mehr geben könnte, wollen und können sich viele der Kinder, Jugendlichen, Mitarbeiter und ehrenamtlichen Helfer nicht vorstellen. Einige von ihnen haben ihre Gefühle in Worte gefasst und an die Wand geschrieben. „Nicht jeder Abschied heißt, dass es auch ein Ende gibt“, hat Sabrina geschrieben. Sie kommt „ziemlich oft“ hierher, früher fast jeden Tag. „Hier kann man über seine Sorgen reden“, sagt ihre Freundin Jasmin. Für Cora ist das Haus wie eine zweite Heimat. Hier kann sie runterfahren, wie sie sagt, nach der Schule und überhaupt. „Es ist ein chilliger Ort.“ Lina würde ohne ihn heulen, sagt sie.

Gesine Tobisch gehört zu den ehrenamtlichen Helfern. Sie weiß, wie wichtig das Haus für die Jugendlichen ist. Sie kennt viele, ihre Familien und Probleme. Hier im Haus bekommen sie manchmal das Essen und die Hilfen, die es zu Hause nicht gibt. Hier werden Konflikte ausgetragen, lernen sie Grenzen zu erkennen und zu akzeptieren, Verantwortung zu übernehmen. Der Ton ist manchmal etwas robust. Gesine Tobisch mag die jungen Leute trotzdem – oder gerade deshalb. Viele haben es nicht leicht. „Hier erfahren sie, sie sind wichtig, werden gebraucht, haben einen Platz.“ Auch am Freitag haben sie ihre Aufgaben. Collin und Paul managen zum Beispiel das Glücksrad und nehmen das ernst. Einmal drehen 20 Cent oder von zehn Fragen zum Haus mindestens zwei richtig beantworten. Jeder kann sein Glück versuchen.

„Wir würden mehr Mist bauen“

Die beiden Jungs und auch Sabrina, Jasmin und Cora waren noch nicht geboren, als die Stadt Heidenau das CJD bat, das Haus zu übernehmen. Das war 2000/01. Vorher befand sich ein Kindergarten drin. Hans-Joachim Zimmermann war damals CJD-Geschäftsführer in Heidenau. Er erinnert sich an Beschwerden von Anwohnern wegen Lärm, aber auch daran, dass im Haus viele Ideen, Projekte und Vereine ihren Anfang nahmen. Nun ist auch er traurig. „So ist es nun mal.“ Es bleibt der Wunsch: „Möge das Haus für die Jugendarbeit offen bleiben.“ Diesen Wunsch sollen Stadt und Landkreis erfüllen. Man sei dazu im Gespräch, sagt Bürgermeister Opitz. Auch zu dem Geld, das für die Sanierung notwendig ist.

Die ist für die jungen Leuten zweitrangig. Es mag vieles nicht auf dem modernsten Stand sein, aber sie fühlen sich hier wohl. Wenn es zu schick wäre, wäre es nicht ihre Welt. Und wir müssten vielleicht etwas bezahlen, befürchten manche. Teure Clubs, die brauchen sie nicht. Wenn’s nach ihnen geht, kann alles so bleiben, wie es ist.

Es sind viele da am Freitag, auch Mütter, deren Kinder inzwischen aus dem Krabbelgruppenalter raus sind. Manche sind gekommen, um andere wiederzusehen. Sarah Ossig aber auch, um ihre Unterstützung zu zeigen.

Die Alternative ohne das Haus wäre für Lina zu Hause rumsitzen. Und Cora sagt: „Wir würden mehr Mist bauen.“ Edina glaubt an die Zukunft. Sie hat an die Wand geschrieben: „Es heißt, es ist vorbei. Nein, sag ich, es fängt gerade erst an.“