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Ein Glas Bowle fürs Mitgefühl

Nach dem Diebstahl ihres Lasters schenkt die Schaustellerfamilie Hammer auf dem Jacobimarkt in Neugersdorf trotzdem aus – und erntet viel Zuspruch von den Gästen.

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© Thomas Eichler

Von Anja Beutler

Neugersdorf. Die Hammer-Bowle schmeckt den Jacobimarkt-Besuchern: Erdbeer-Bowle liegt im Trend, Himbeer-Bacardi- und Mango-Erdbeer-Geschmack sowieso. Aber auch viele alkoholfreie Kreationen sind bislang über die Theke in der Nähe des Riesenrades gegangen. Eine gewisse Mischung aus Neugier und Mitgefühl ist es aber wohl auch, was die Besucher in diesem Jahr an den Stand bringt. „Viele haben uns gesagt, dass es ihnen leidtut, dass uns der ganze Laster samt Stand gestohlen wurde“, sagt die Chefin der Schaustellerfamilie aus Thüringen.

Denn der Start in die diesjährige Schissn-Woche in Neugersdorf war für sie und ihre Kollegen alles andere als gut gelaufen: Nur wenige Tage vor dem Start des großen Volksfestes stahlen bislang Unbekannte ihren Kühllaster mitsamt der Ladung aus einer Lagerhalle in Strahwalde. Hier war das Gefährt mitsamt des traditionellen Hammer-Bowle-Standes sowie gefrorenen Früchten und etlicher Flaschen Alkohol untergebracht gewesen. Schaden: etwa 55 000 Euro. „Viele Leute sind extra an den Stand gekommen, um aus Mitgefühl eine Bowle zu trinken“, erklärt sie. Und es waren einige Sympathie-Bowle-Bestellungen dabei.

Den Preis für die Getränke habe sie trotz des Verlustes aber nicht angehoben – wehrt sie Gerüchte ab. „Wir haben im vergangenen Jahr wegen der Einführung des Mindestlohnes erhöhen müssen – wie viele Kollegen. Seitdem sind wir aber stabil“, sagt sie. Einigermaßen stabil war auch das Wetter an den ersten Tagen – und damit auch der Besucherstrom. Nur am Sonntag ließen die Regenwolken den Durst ein bisschen abflauen. Bislang laufe aber der Jacobimarkt sehr gut, sagt die Chefin.

Zeit zum Durchschnaufen hat Petra Hammer derzeit ohnehin nicht: Sie hat schon eine neue Zeltgarnitur bestellt. Eine neue, die am Ende so aussehen soll, wie ihre alte, die in dem gestohlenen Laster war. „Auf einige Märkte darf ich nur mit diesem, etwas traditioneller gestalteten Zelt, das gestohlen wurde“, erklärt sie. Das Dresdener Stadtfest oder der Weimarer Zwiebelmarkt sind solche Feste, die in den kommenden Wochen anstehen. Bis dahin muss ihr Mann aber noch einiges am neuen Stand vorbereiten. Mit der eilig herbeigeholten Standgarnitur in Neugersdorf kommt sie dennoch gut hin: „Sie ist ein bisschen länger, da kann ich mehr Bowle präsentieren“, sagt die Schaustellerin. Einen Vorteil muss es ja irgendwie geben.