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Ein Gläschen in Ehren

Sachsens Winzer öffnen ihre Weingüter – auch Vincenz Richter in Meißen.

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© hübschmann

Von Peter Anderson

Meißen/Elbland. Himbeerrosa schimmert der Wein im Glas. Ein kräftiger Beerenduft breitet sich aus. Winzerfrau Heike Herrlich gönnt sich nach getaner Arbeit einen Schluck Schieler aus dem eigenen Weingut Vincenz Richter. Sie blickt über Dutzende Reihen von Bänken und Tischen, ordentlich ausgerichtet unter einem hohen, weißen Zelt. Der Platz vor dem ockergelben Fachwerkhaus am Fuße des Kapitelbergs ist bereitet. Noch herrscht Ruhe, haben Heike Herrlich und ihr Mann Thomas den idyllischen Flecken ganz für sich allein.

Am Wochenende soll sich das ändern. Traditionell öffnen Sachsens Winzer an einem Sonnabend und einem Sonntag im Spätsommer gemeinsam ihre Weingüter. Die Veranstaltung hat mittlerweile Kultcharakter wie der Elbtalweinlauf, zieht tausende Gäste an – auch aus Dresden und weiter entfernten Regionen.

Weingut-Chef Thomas Herrlich holt sich eine der Bänke im Schatten zum Verschnaufen heran. Die Sonne lässt die Temperaturen an diesem Nachmittag hier – in einer der besten sächsischen Weinlagen – auf knapp 30 Grad Celsius nach oben steigen. Für’s Wochenende hat Herrlich neben Wein reichlich Wasser bereitgestellt.

Wie es derzeit im Weinberg aussieht? Bedächtig wiegt der Meißner seinen Kopf. Was heißt das schon, wie es derzeit aussieht? Entscheidend wird sein, welches Wetter die nächsten Wochen und insbesondere in der Zeit der Weinlese ab Mitte September herrscht.

Vorsichtig mit Prognosen

Sachsens Weinanbauer sind dieses Jahr noch vorsichtiger als sonst mit ihren Prognosen. Vergangenes Jahr hatte anhaltender Dauerregen einem bis dahin nicht zuletzt der Menge nach sehr vielversprechendem Jahrgang übel mitgespielt. Mit Notlesen mussten die Winzer aus den von Fäulnis bedrohten Lagen retten, was zu retten war. Herrlich will es deshalb nicht beschreien, will den Wein nicht vor der Lese loben.

Was sich bislang zum 2015er sagen lässt, klingt solide. Wenig Pflanzenschutzmittel habe eingesetzt werden müssen, sagt der Vincenz-Richter-Chef. Trockenheit und Wärme zur rechten Zeit hätten Schädlinge und Krankheiten in Schach gehalten. Von aufplatzenden Trauben und Wespenschwärmen – wie aus anderen Lagen zu hören ist – sei er bislang verschont geblieben. Für die nächsten Wochen werde in erster Linie Sonne gebraucht. Auf Regen könne er gut und gern verzichten, sagt Thomas Herrlich. Sein Blick schweift zum Himmel. Für den Freitag wird wechselhaftes Wetter vorhergesagt, am Wochenende wieder schön. Beste Voraussetzungen für den Tag des offenen Weinguts.

Auftakt für tollen September

Bei Besuchen im Weinanbaugebiet Saale-Unstrut und bei Kollegen an der Mosel hat sich Thomas Herrlich in den vergangenen Wochen und Monaten die Einmaligkeit dieser Veranstaltungen bestätigen lassen. „Saale-Unstrut hat zwar die Weinmeile. Da schenkt aber auch mal der Eigenheimbesitzer Wein aus, der gar nicht aus der Gegend kommt“, sagt der Meißner.

An der Mosel hätten sich die Berufskollegen erstaunt darüber gezeigt, dass in Sachsen praktisch alle Weingüter mitmachten, niemand sich ausschließe und Sonderwege beschreite.

Auf dem Vincenz-Richter-Hof wird die Vorfreude auf das Wochenende regelrecht spürbar. Viele der Besucher zählen mittlerweile zu den Stammgästen. Ein großes Hallo wird erwartet, wie am ersten Schultag nach den großen Ferien.

Thomas Herrlichs Blick eilt noch ein paar Tage weiter voraus. Der Tag des offenen Weinguts bildet nur den Auftakt zu einem tollen September. Es folgen die Wahl der deutschen Weinkönigin in Neustadt an der Weinstraße mit der sächsischen Kandidatin Michaela Tutschke, das Winzerstraßenfest in Weinböhla, der Lesestart und schließlich die Weinfeste in Radebeul und Meißen. Den zu erwartenden Gästen gibt Herrlich einen besonderen Rat. Sie sollten sich eine für Sachsen typische Weinsorte – wie Müller-Thurgau oder Schieler – vornehmen, und diese bei den verschiedenen Weingütern probieren. „Ich garantiere ihnen, danach werden sie Unterschiede feststellen und etwas über den Wein aussagen können“, so Herrlich. Gleichzeitig lasse sich ein unnötiger Kater vermeiden.

Auf der Internetseite www.elbland.de findet sich unter Reisethemen und Weinverführungen der Punkt „Tage des offenen Weinguts“ mit weiteren Informationen.