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Ein geborener Entertainer

Mit viel Witz gewinnt Gunther Emmerlich das Publikum für sich. Moderator Mackenroth muss nur Stichworte geben.

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© Klaus-Dieter Brühl

Von Stefan Lehmann

Riesa. Gegen das Wetter ist auch die Sängerstimme machtlos. Einige Minuten lang versucht Gunther Emmerlich noch, den Regen zu übertönen, der auf das Hallendach des Sportzentrums Olympia prasselt. Dann geben sich Gast und Moderator geschlagen: Es werde noch einmal eine kurze Pause geben, bis das Gewitter vorüber ist, verkündet der Landtagsabgeordnete Geert Mackenroth (CDU).

Die rund 50 Zuhörer im Olympia warn durchaus angetan vom 72-jährigen Gunther Emmerlich.
Die rund 50 Zuhörer im Olympia warn durchaus angetan vom 72-jährigen Gunther Emmerlich. © Klaus-Dieter Brühl

Eine knappe Stunde hat Emmerlich da schon erzählt – und die rund 50 Zuhörer im Olympia sind durchaus angetan von dem 72-Jährigen. „Man merkt, der ist Profi: Der kann alles – reden, schreiben, singen“, sagt ein Mann mittleren Alters, der anfangs noch etwas erschrocken festgestellt hatte, zu den Jüngsten im Publikum zu gehören. Nach der ersten Hälfte des Gesprächsabends ist nicht nur er beeindruckt von dem Gast, der wenige Meter entfernt an einem kleinen Tisch Platz genommen hat. Vor ihm liegen zwei Bücher, an der Seite des Tischs lehnt die Gitarre. Das und seine Stimme, viel mehr braucht Emmerlich nicht.

Gastgeber und Moderator Geert Mackenroth hatte nicht zu viel versprochen, als er Emmerlich im Vorfeld als den geborenen Entertainer bezeichnet hatte. Mackenroth möchte zu Beginn seinen Gast vorstellen, doch der übernimmt nach wenigen Sätzen das Zepter. Im Grunde bräuchte es den Moderator an diesem Abend kaum – höchstens als Stichwortgeber und Sparringspartner für manchen lockeren Spruch. Etwa, als ihm Mackenroth nach der Pause das Bierglas hinterherträgt. „Mir hat noch nie ein Minister a.D. ein halbes Bier gereicht“, sagt Emmerich süffisant und erntet lautes Gelächter. Es wird nicht der einzige Lacher des Abends bleiben.

Der Abend im Olympia ist eine doppelte Premiere: für das neue Talk-Format – und für Moderator Geert Mackenroth. Er dürfte zufrieden sein, auch wenn noch Platz für mehr Gäste gewesen wäre. Unterhaltung wolle er bieten, hatte er im Vorfeld gesagt, und unterhalten dürfte sich wohl jeder im Saal gefühlt haben. Wen er für den nächsten Gesprächsabend an der Angel hat, das will Geert Mackenroth am Dienstagabend noch nicht verraten. Gut möglich, dass es dann auch wieder etwas stärker um Riesa gehen wird. Der Veranstaltungsort spielt an diesem Abend eher eine Nebenrolle – etwa als Gunther Emmerlich fragt, ob die Sport- denn auch eine Großstadt sei. „Wie viel Einwohner habt ihr, 50 000?“, will er von Geert Mackenrot wissen. Auf die Antwort gleich die nächste gekonnte Antwort: „Das ist ja nur doppelt so viel wie Eisenberg – deshalb fühl’ ich mich hier so wohl.“

Thematisch ist das Gespräch ein Ritt durch Emmerlichs Leben und alles, das damit zusammenhängt: vom Mitteldeutschen Rundfunk („die sind Meister der Wiederholungen“), dem unterschiedlichen Humor in Ost und West („wir mussten Kritik zwischen den Zeilen verstecken“) bis zu seiner Tätigkeit als Weinbotschafter und Werbefigur für Freiberger („Jetzt noch Fleischer und Bäcker, dann hab’ ich ausgesorgt!“). Zwischendurch liest Emmerlich Episoden aus seinen Büchern. Und natürlich trägt er auch Lieder vor. „Sonst sagen die Leute hinterher, ich könne gar nicht mehr singen.“ Zweifel gibt es hinterher keine mehr, spätestens zum letzten Lied des Abends sind die Zuhörer aufgetaut. Es wird mitgeklatscht, und die eine oder andere Autogrammkarte signiert Emmerlich im Anschluss auch noch. Zuvor geht es aber – natürlich – auch ums Alter. Darauf werde er ja bei jeder Gelegenheit von Journalisten angesprochen und gefragt, wie er denn dazu stehe, dass er über 70 sei. „Ich antworte dann immer: Ich hab’s kommen sehen.“ Dass man auch im Alter noch auf der Bühne stehen könne, habe er bei Jopie Heesters erlebt, mit dem er schon zusammen aufgetreten sei. „Der hat ein bisschen übertrieben – aber 105 wäre schon in Ordnung.“