Merken

Ein ganzes Dorf auf den Beinen

Brößnitzer Umweltaktivisten kämpfen gegen Grubenwasser und einen Asphaltmischer.

Teilen
Folgen
NEU!
© privat

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Brößnitz. In den nächsten Tagen wird eine Entscheidung fallen – und eine Seite wird der Verlierer sein“, ahnte Sven Wiedemann-Schulze vorige Woche. Entweder die Bürger oder der Steinbruch. Wiedemann-Schulze ist Sprecher des Brößnitzer Umweltvereins Sächsisch-Brandenburger Höhenzug. Er war Mitorganisator einer Dorfdemo, die kürzlich ein ganzes Dorf auf die Beine brachte. Die Einwohner protestierten gegen das mit Schwermetallen belastete Grubenwasser des Grauwacke-Steinbruchs am Schieferberg (SZ berichtete). Und sie demonstrierten gegen die Asphaltmischanlage, die unweit ihrer Häuser gestellt werden soll. „Es geht jetzt um alles, um die Natur und unsere Zukunft“, hatte Sven Wiedemann-Schulze gesagt. Denn am Dienstag sollte eine Entscheidung fallen.

Da hatte der Lampertswalder Bürgermeister Wolfgang Hoffmann seine Amtskollegen aus Südbrandenburg an einen Tisch geholt. Die Steinbruchbetreiber wollen die Brandenburger dazu bringen, das Grubenwasser aus Brößnitz, das sich jetzt im Steinbruch sammelt, in ihrer Kläranlage in Großthiemig zu reinigen. Zwingen kann man sie dazu nicht, denn Brößnitz gehört nun mal zu Sachsen. Der Steinbruch wird sie aber schon überzeugen, mit Geld und guten Worten, vermuten die Brößnitzer. Allerdings ist jenes Sickerwasser problematisch: Es ist zu sauer und massiv mit Sulfat, Nickel und Zink angereichert. Das hat ein unabhängiger Gutachter bestätigt.

Grenzwerte werden überschritten

Der Steinbruch hat eine eigene Wasseraufbereitung. Doch die bringt nicht die gewünschte Reinigung. Die Steinbruchbetreiber wollten deshalb ein neues Containerwerk bauen. So wurde es vor einem Jahr auf einer Einwohnerversammlung in Blochwitz versprochen. „Das Konzept ist aber nicht aufgegangen, weil die Grenzwerte mit der geplanten Aufkalkung auch nicht erreicht werden“, weiß Wiedemann-Schulze. Sollte nun das Ableiten ins Klärwerk Großthiemig gelingen, hätte die Matthäi-Gruppe als Grubenbetreiber eine wichtige Sorge los. Und könnte sich ganz dem bisher verhinderten Asphaltmischer widmen.

Die Brößnitzer Bürgerinitiative kämpft schon lange dagegen. Weil sie Luftverschmutzung, Lärmbelastung und zunehmenden Verkehr fürchtet. „Wir wollen eine saubere, ordnungsgemäße Lösung“, forderten die Brößnitzer auf ihrer Dorfdemo. Dafür haben sie auch ziemlichen Druck aufgebaut. Das Oberbergamt Freiberg als Aufsichtsbehörde wurde vom Verein ins Visier genommen – er hat dort Antrag auf Akteneinsicht gestellt.

„Denn wir vermuten, dass sogar fünf sächsische Steinbrüche, die eine gültige Erlaubnis haben, belastetes Grubenwasser an die Umgebung abgeben“, sagt Sven Wiedemann-Schulze. „Wir erwarten, dass das Unternehmen in Brößnitz dazu eine schlüssige Lösung vorstellt“, rechtfertigt sich Prof. Dr. Bernhard Cramer, Sprecher der Freiberger Aufsichtsbehörde. Das Unternehmen benötigt zum weiteren Betrieb des Steinbruchs und für einen Asphaltmischer eine wasserrechtliche Erlaubnis. Ein Antrag liegt in Freiberg aber bislang nicht vor und müsste auch von der Wasserbehörde im Landkreis Meißen gebilligt werden. Von dort ist zur Verhandlung vom Dienstag nichts zu hören, auch nicht von Bürgermeister Hoffmann. Denn es wurde vorerst Stillschweigen vereinbart. Nur soviel: „Die Brandenburger sind ernsthaft interessiert, dem Steinbruch zu helfen.“

Jetzt suchen die Brößnitzer Unterstützung bei der sächsischen Staatsregierung, um den Asphaltmischer zu verhindern. Immerhin sind die sechsjährigen Brößnitzer Drillinge Johanna, Magnus und Merle Kramer Patenkinder von Ministerpräsident Stanislaw Tillich. „Die Genehmigungen für eine Brößnitzer Asphaltmischanlage wurden bis Ende 2018 verlängert“, heißt es aus Dresden. Gegen diese Entscheidung hat der Umweltverein Widerspruch eingelegt. Von daher ist die Genehmigung noch nicht wirksam – der Widerspruch muss noch bearbeitet werden.

Klar wird aber gesagt, dass man unternehmerische Investitionen „grundsätzlich nicht infrage stellen“ wird – die Patenschaft von „Onkel Stani“ hin und her. Alle rechtlichen, auch umweltrechtlichen Voraussetzungen müssen erfüll werden, darauf kommt`s an. Auch die Bedenken der Anwohner werde man ernst nehmen. Wie eine für beide Seiten akzeptable Lösung aussehen soll, können sich die Brößnitzer aber nicht vorstellen. Das Unternehmen Matthäi sagt dazu: „Unser Ziel ist eine Aufbereitungsanlage zur umweltgerechten Entsorgung des Steinbruchwassers für eine Million Euro. Grundlegendes Einvernehmen zwischen den Behörden über das weitere Vorgehen wurde erzielt.“