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Ein Frühlingsmenü vom „Töppegucker“

Der Küchenchef des sorbischen Restaurants Wjelbik empfiehlt zu Ostern ein Drei-Gänge-Menü mit Bärlauch, Rhabarber und Spargel.

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© Uwe Soeder

Von Miriam Schönbach

Bautzen. Das perfekte Frühlingsmenü beginnt mit dem Nachtisch – zumindest bei Thomas Lukasch am Herd. Saftig, roten Rhabarber legt er sich bereit. Dann greift er nach einem scharfen Messer. Andächtig befreit er die Stangen von ihrer Haut. Ein bisschen lässt er stehen für die Farbe. Danach schneidet er das Gemüse in Rauten und schiebt es auf dem Brett zur Seite. „Das Kompott muss noch abkühlen. Deshalb fangen wir damit an“, sagt der Küchenchef des sorbischen Restaurants Wjelbik in Bautzen. Neben dem Nachtisch stehen an diesem Morgen Bärlauchsuppe und Spargel mit einer gebratenen Lachsforelle auf seinem Arbeitsprogramm.

Eine Bärlauchcremesuppe bildet die Vorspeise des Ostermenüs.
Eine Bärlauchcremesuppe bildet die Vorspeise des Ostermenüs. © Uwe Soeder
Forelle mit Spargel ist der Hauptgang in Thomas Lukaschs Ostermenü.
Forelle mit Spargel ist der Hauptgang in Thomas Lukaschs Ostermenü. © Uwe Soeder
Unter dem Grill bekommt die Zabaione des Rhabarber-Kompotts eine knusprige Haut.
Unter dem Grill bekommt die Zabaione des Rhabarber-Kompotts eine knusprige Haut. © Uwe Soeder

Start am frühen Morgen

Die Uhr über der Tür zur Vorratskammer zeigt gerade 8 Uhr.. Die Stadt erwacht, während der 37-Jährige schon einen Topf auf den Herd stellt und Zucker karamellisieren lässt. Süß duftet es in der Küche, ein bisschen wie an der Zuckerwattebude beim Rummel. Kurz bevor die Masse braun wird, gibt der Koch naturtrüben Apfelsaft und drei Erdbeeren für den Fruchtgeschmack dazu. Durch das Abbinden mit Speisestärke entsteht eine schöne, cremige Soße, die in einer Auflaufform unter den kalten Rhabarber gemischt wird.

Das Dessert ist nach 15 Minuten fertig. „Ein Menü sollte sich gut vorbereiten lassen“, sagt der Chefkoch des Wjelbik. Seine Leidenschaft für das Kochen entwickelte der Crostwitzer bereits als Knirps. Gern schaute er zu, wenn seine Mutter in der Küche werkelte. Seine Tante nannte ihn den „Töppegucker“. Bei der Fleischerei Kretzschmer in Kamenz lernte er nach der Schule allerdings erst einmal die Herstellung von Salami, Leberkäse und Hackepeter.

Geduld ist eine wichtige Zutat

Manches Wissen dieser Zeit nützt ihm noch heute: So weiß Thomas Lukasch ganz genau, wie man eine deftige Rinderbrühe kocht. Die dunkle Bouillon steht im großen Topf bereit. Er braucht sie als Grundlage für die Bärlauchsuppe. „Zutaten sind Suppenfleisch vom Rind, Suppengemüse, Nelke, Piment, Lorbeer, Pfeffer und Salz – und ein bisschen Geduld“, sagt der Küchenchef, während er eine Handvoll Bärlauch in grobe Streifen schneidet. Auf dem Herd köchelt Wasser. Dorthinein kommen die Blätter. Die Duftwolke, die in der Küche aufsteigt, erinnert an Knoblauch und Schnittlauch.

Creme lässt sich gut vorbereiten

Doch in dem Augenblick, in dem der Bärlauch zusammenfällt, holt ihn der Koch schon wieder mit einer Schöpfkelle aus dem heißen Bad. Sofort kommt er in kaltes Wasser. „Bärlauch wird bei großer Hitze schnell grau. Deshalb geben wir ihn nicht direkt in unsere Suppe, sondern blanchieren ihn“, sagt Thomas Lukasch. Im Anschluss kommen die kurz überbrühten Blätter mit einer Kelle Rinderbrühe in die Küchenmaschine. Dort werden sie zu einer feinen Masse verarbeitet. Auch dieser Schritt lässt sich wunderbar vorbereiten, denn die Bärlauchcreme hält sich zwei, drei Tage im Kühlschrank.

Heute Morgen geht es hingegen gleich weiter. Thomas Lukasch lässt in einem Topf eine kleingeschnittene Zwiebel anrösten. Dazu gibt er zwei Becher Sahne und einen Liter Rindbrühe. Mit Speisestärke dickt er die Suppe noch etwas an. „Sie sollte weder wie Wasser noch wie eine Soße sein.“ Die Profis sagen dazu „samtig“. Sein Profi-Handwerk hat der Vater einer Tochter in der deutsch-französischen Grenzstadt Kehl gelernt, während seine Frau Monika im nur 15 Minuten entfernten Strasbourg die Kochlehre absolvierte.

Stiefmütterchen als I-Tüpfelchen

Die Suppe hat nun die richtige Konsistenz. Sekunden vor dem Servieren kommt Bärlauchpaste zum weißen Sud im Topf. Mit Hilfe des Pürierstabs entsteht eine wunderbar, frühlingsgrüne Suppe. Auch einen einfachen Deko-Tipp verrät der Küchenchef noch: Er erwärmt Milch, allerdings darf sie nicht kochen, da sonst ihre natürliche Süße verloren geht. Auch sie schäumt er mit dem Pürierstab auf. Den Schaum tupft er auf den Suppenspiegel. Eine Stiefmütterchenblüte – ja sie sind essbar – macht das Gericht perfekt.

Auf dem Herd kochen inzwischen schon Kartoffeln. In Windeseile schält Thomas Lukasch den Spargel. Er dämpft das Gemüse normalerweise. Im Wasser gekocht muss man aufpassen, dass die Stangen bissfest bleiben. „Der Frühling gibt so viel her, da braucht nicht viele Gewürze, aber für einen guten Spargelgeschmack darf man nie den Zucker neben dem Salz vergessen“, sagt der Koch. Ostern heißt für ihn: vier Tage am Herd stehen, von 7 Uhr früh bis abends 23 Uhr. Deshalb reitet er auch nicht mehr bei der heimatlichen Osterreiter-Prozession mit. Achtmal saß er hoch zu Ross.

Im Notfall hilft der Fischhändler

Für die Sauce hollandaise stellt der Wjelbik-Chef eine Weißweinreduktion aus Riesling, eine Zwiebel, Pfeffer, Piment und Lorbeer her. Zwischendurch muss noch die Butter geklärt werden. Das heißt, Molke und Fett werden voneinander getrennt. Auch eine Pfanne ist schon heiß. Darin brät Thomas Lukasch die Filets von der Lachsforelle auf der Haut. Den Fisch hat er sich beim Jeßnitzer Züchter geholt. Ein frischer Fisch ist an den roten Kiemen zu erkennen. Mit einem Schnitt hinter den Kiemen immer an der Mittelgräte entlang lösen geübte Hände auch das Filet ohne Probleme aus. „Aber jeder Fischhändler hilft da auch gern“, sagt der Küchenchef.

Genussvoller Augenblick der Entspannung

Das Finale naht. Für die Sauce hollandaise schlägt der Bautzener vier Eigelb über dem Wasserbad auf, dazu kommen die Weißweinreduktion und die geklärte Butter. Den Fisch in der Pfanne übergießt er immer wieder mit heißer Butter. Für den Rhabarber zaubert Thomas Lukasch eine Zabaione aus Eigelb, Weißwein und Zucker. Ein paar Löffel Schlagsahne hebt er noch unter. Zum Schluss kommt der Nachtisch mit der gelben Cremeschicht kurz unter den Grill. Ein wunderbar, süßer Duft breitet sich aus. Der Koch genießt diesen Augenblick der Entspannung, bevor er die Küche aufräumt. Und so endet das Frühlingsmenü, wie es begonnen hat: mit dem Nachtisch am Herd von Thomas Lukasch.

Die Zutaten fürs Menü

Hier finden sie die Zutatenliste für das Ostermenü von Thomas Lukasch zum Ausdrucken.