Merken

Ein friedliches Dafür und Dagegen

Mehrere Initiativen stellten sich am Samstag einer Neonazi-Demo entgegen. 1 100 Polizisten behielten die Kontrolle.

Teilen
Folgen
© Ronald Bonß

Von Henry Berndt und Annette Binninger

Die Abstimmung per Applaus war eindeutig. So einfach wollten sie den Neonazis nicht die Innenstadt überlassen. Anstatt wie geplant zu ihrem „Mahngang Täterspuren“ aufzubrechen, entschieden die Organisatoren am frühen Samstagnachmittag, sich samt der rund 400 Teilnehmer den Gegendemonstranten an der Karcherallee anzuschließen. Nach langem Warten auf das Okay für die geänderte Route, setzte sich der Zug nahe der Uniklinik in Bewegung. An der Spitze zeigte unter anderem Schauspieler Peter Sodann Gesicht.

Wenige Meter weiter musste die Polizei später eine Sitzblockade auflösen.
Wenige Meter weiter musste die Polizei später eine Sitzblockade auflösen. © Ronald Bonß
Bei einem anderen Protestzug in Richtung Karcherallee war auch Schauspieler Peter Sodann dabei.
Bei einem anderen Protestzug in Richtung Karcherallee war auch Schauspieler Peter Sodann dabei. © Sven Ellger

So wie die Mahngänger, wollten auch der Studentenrat, die Jusos, das Bündnis „Dresden nazifrei“ und die AG 13. Februar ein Zeichen gegen rechts setzen. Maik Müller, der für die NPD im Ortsbeirat Prohlis sitzt, hatte seine „Freie Kräfte“ zu einem Fackelmarsch mobilisiert, der vom S-Bahnhof Reick über die Bodenbacher Straße zu eben jener Karcherallee führen sollte. Etwa 500 Rechte folgten dem Aufruf, darunter der NPD-Europaabgeordnete Udo Voigt. Die Gegendemos postierten sich derweil direkt in Reick sowie am östlichen Ende des Großen Gartens. Hier war eigentlich auch Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) erwartet worden. Gesehen wurde er nicht.

An der Kreuzung Winterberg- und Rennplatzstraße versuchten rund 120 Gegendemonstranten, den Marsch der Rechten durch eine Sitzblockade aufzuhalten. Nicht alle machten freiwillig Platz, als die Polizei sie freundlich darum bat. Die Beamten nahmen von 34 Personen die Personalien auf. Dennoch blieb alles friedlich, als sich gegen 17 Uhr links und rechts wenige Meter voneinander entfernt begegneten. Die einen ließen ihre Trillerpfeifen schrillen, die anderen zündeten ihre Fackeln an. Eine zunächst eingerichtete Fahrzeugsperre war zuvor bewusst abgebaut worden, wie Polizeipräsident Horst Kretzschmar sagte. „Damit haben wir dem Grundgedanken des Protests in Hör- und Sichtweite Rechnung getragen.“

Unterdessen wollte auch die Junge Alternative Dresden, die Nachwuchsorganisation der AfD, am Samstag in der Stadt Präsenz zeigen. Mehrere Hundert Sympathisanten versammelten sich zunächst am Wiener Platz und starteten dort ihren Aufzug unter dem Motto „Offene Grenzen sind tödlich“. Bundeswehr und Polizei müssten die Ordnung wieder herstellen, hieß es auf einem Plakat. Mit dabei waren unter anderem der AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Maier sowie der neu gewählte AfD-Landeschef Jörg Urban. Als der Protestzug anschließend über die Prager Straße in Richtung Neumarkt zog und dabei auf ausländisch aussehende Passanten traf, skandierten Teilnehmer lautstark „Abschieben, Abschieben“. Einem dunkelhäutigen jungen Mann brüllte ein älterer Demo-Teilnehmer „Ab nach Afrika“ ins Gesicht.

Nachdem sich am frühen Abend alle Veranstaltungen aufgelöst hatten, zog die Polizei ein äußerst zufriedenes Resümee – mal abgesehen von den erwartbaren stundenlangen Verkehrsbehinderungen. „Ich freue mich, dass dieser Tag friedlich und störungsfrei verlief und das umsichtige Handeln der Beamten daran einen Anteil hatte“, sagte Polizeipräsident Kretzschmar. Dass ein solcher Tag auch anders enden kann, zeigten die Demonstrationen im Februar 2011, als bei Gewaltexzessen in Dresden 100 Polizisten und 150 Demonstranten verletzt wurden.

Um solche chaotischen Zustände zu verhindern, waren diesmal rund 1100 Beamte im Einsatz. Die sächsische Polizei wurde dabei von Kollegen aus Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern sowie von der Bundespolizei unterstützt.

Wie die Polizei am Sonntag mitteilte, liegen derzeit sechs Verstöße gegen das Versammlungsgesetz wegen Vermummung sowie Schutzbewaffnung vor. Darüber hinaus erfassten die Beamten einen Verstoß gegen das Waffengesetz und nahm zwei Anzeigen wegen Beleidigung auf. Der ursprünglich für den Samstag geplante „Mahngang Täterspuren“ wurde spontan auf den 8. Mai verschoben. (mit csp/bb)