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Ein fragwürdiges Exempel

Mit einem Schirm lassen sich schmerzhafte Wunden zufügen. Das weiß nun ein Angeklagter in mehrfacher Hinsicht.

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© Alexander Schneider

Von Alexander Schneider

Selten ist selbst der Dresdner Staatsanwaltschaft ein Urteil zu hart. Am Montag fand der Berufungsprozess gegen einen 28-Jährigen vor dem Landgericht Dresden statt, der erst im Juli am Amtsgericht im selben Hause verurteilt worden war. Der frisch gebackene Wirtschaftsgeograf aus Dresden hatte bei einer Demo gegen Pegida einem Polizeibeamten mit einem Regenschirm auf den Kopf geschlagen, ihm dabei einen Kratzer zugefügt und sich anschließend steif gemacht, als die Beamten seine Personalien feststellen wollten. Acht Monate gab es dafür – ohne Bewährung. Auch die Staatsanwaltschaft legte Rechtsmittel ein.

Das erstinstanzliche Urteil des Strafrichters erweckt den Eindruck einer weit schwereren Tat. Nur dem Zufall sei es zu verdanken, dass der Polizist sein Augenlicht nicht für immer verloren habe, heißt es da etwa über den Schlag des Angeklagten. Acht Monate Haft wegen gefährlicher Körperverletzung und Widerstands gegen Polizeibeamte – das fanden auch Kumpels und Mitdemonstranten des 28-Jährigen zu hart. Sie demonstrierten daher am Montag vor dem Landgericht. Ihr Motto: „Solidarität ist eine Waffe – ein Regenschirm nicht!“

Unterdessen berichtete der knapp zwei Meter große Polizist als Zeuge, wie es zu der Rangelei mit Gegendemonstranten am 7. November 2016 am Neumarkt gekommen war. Der ausgeklappte Schirm habe sich durch die Schlagbewegung nach außen gestülpt, sodass die Speichen des Schirms ihn getroffen hatten. Schmerzhaft sei es gewesen, das schon. Doch der Beamte sagte, ohne das Umstülpen des Schirms hätte der Angeklagte ihn gar nicht erreicht.

Es sei daher unklar, ob der Demonstrant den Beamten überhaupt habe verletzen wollen, wie die Verteidiger Carolin Helmecke und Mark Feilitzsch ausführten. Auch „Steifmachen“ sei kein klassischer Widerstand, sagte der Vorsitzende Richter der Berufungskammer, Walter Voigt. Das Gericht verurteilte den Angeklagten zu einer Geldstrafe von 2 700 Euro.

Strafmildernd wertete das Gericht, dass der Angeklagte sich selbst bei der Sache mit seinem Schirm erheblich am Auge verletzt hatte, das sei „Ironie des Schicksals“. Allerdings müsse der 28-Jährige sein „Feindbild überdenken“. Er ist wegen Beleidigung eines Polizisten am 13. Februar 2016 vorbestraft.