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Ein Fluss zurück auf alten Wegen

Zwischen Lömischau und Neudorf/Spree soll sich die Spree künftig wieder durch die Landschaft schlängeln. Fast ein Jahrhundert lang war das anders.

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© Archivfoto: Uwe Soeder

Von Miriam Schönbach

Guttau. Neuer alter Lauf: Vor knapp 90 Jahren schlängelte sich noch die Spree durch die Wälder zwischen Lömischau und Neudorf/Spree. „Die Fischerinnung in Bautzen hat sogar vor 150 Jahren noch Quappen, Eschen und Barben aus dem Fluss in der Stadt gezogen und die Ware frisch auf dem Markt verkauft“, sagte Dr. Jan Peper am Dienstag. Fünf Jahre hat sich der Referatsleiter für Gebietsentwicklung im Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft mit der „Redynamisierung der Spree“ beschäftigt. Hinter dem Fachbegriff steht: Der Fluss soll in seinen ursprünglichen Lauf zurückkehren.

Ihre mäandernde Urwüchsigkeit hat der Fluss mit gleich drei Quellen im Oberlausitzer Bergland ab den 1930er Jahren durch ein begradigtes Flussbett und eingebaute Wehre verloren. Den Eingriff in die Natur begründeten die Fachleute seinerzeit mit dem Schutz vor Hochwasser. 150 Arbeiter wurden damals eingesetzt, um bei Halbendorf die Spree zu begradigen. Die Fließgeschwindigkeit wurde so schneller, das Flussbett immer tiefer. Das Hochwasser ist aber vielen Orten entlang des einst tosenden Flusses geblieben.

Pilotprojekt für Auen in Sachsen

Durch den Eingriff in die Natur sind heute die einst überfluteten Auwälder und -wiesen zum überwiegenden Teil verschwunden und mit ihnen auch zahlreiche Tiere und Pflanzen, die dort lebten und wuchsen. Um die fluss- und auentypischen Lebensräume zurückzuholen, soll nun der Rückbau des sieben Kilometer langer Abschnitts zwischen Lömischau und Neudorf/Spree beginnen. Wie Peper sagte, handle es sich dabei um ein Pilotprojekt für Auen in Sachsen. Alle Fließgewässer im Freistaat sollen wieder ökologisch durchgängig werden. Die Länge der Spree umfasst im Biosphärenreservat zwischen Malschwitz im Süden und Bärwalde im Norden etwa 25 Kilometer.

Die Baumaßnahme an der Spree im Biosphärenreservat beginnt voraussichtlich im Mai in Halbendorf/Spree. Eine Hochwasserschutzanlage soll den Ortskern künftig von neuen Naturgewalten bewahren. „Schon jetzt wurden einige Vorarbeiten erledigt und unter anderem entlang des Flussufers im Februar zwischen Lömischau und Halbendorf geholzt“, sagte der Mitarbeiter des Biosphärenreservats. Insgesamt besteht das Projekt aus elf Teilabschnitten. Die Landestalsperrenverwaltung ist für seine Planung und Umsetzung zuständig. Die Biosphärenreservatsverwaltung als Behörde des Staatsbetriebs Sachsenforst koordiniert es im Auftrag des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft und ist für die umweltplanerischen Fragen zuständig.

Anschluss an die Spree

Eine Herausforderung wird der Anschluss von zwei Altarmen an die Spree. Zudem wird das alte Bewässerungswehr in Lömischau zurückgebaut und Uferwälle abgetragen. Dadurch können die Auen wieder überflutet werden. Fluss, Altgewässer und einstige Auwälder sind so wieder miteinander vernetzt. Auch auf Hochwasser-Lagen könnte sich dies positiv auswirken.

Noch einen weiteren Effekt versprechen sich die Mitarbeiter des Biosphärenreservats: „Die Quappe – auch Süßwasserdorsch genannt - ist der Wappenfisch des Spreewalds und auch dort im Fluss zu finden. Unser größtes Ziel ist, dass mit der Herstellung der ökologischen Durchgängigkeit die Flussfische zum Laichen wieder flussaufwärts wandern können“, sagte Peper. Die Schuppentiere aus dem Spreewald werden wohl noch länger an der Talsperre in Spremberg ausgebremst - aber Wanderfische können ja auch neu angesiedelt werden.

Wohl fühlen könnten sich in den neu entstehenden Auwiesen auch Storch und Kiebitz. Der Vogel aus der Familie der Regenpfeifer fühlt sich jetzt schon heimisch im Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft. Wie Torsten Roch, Leiter der Biosphärenverwaltung sagte, leben derzeit 30 bis 40 Brutpaare in der größten zusammenhängenden Teichlandschaft Deutschlands nordöstlich von Dresden. Um diesen natürlichen und artenreichen Lebensraum zu erhalten, wurde der größte Teil des Gebietes mit einer Fläche von rund 30000 Hektar 1996 zum Unesco-Biosphärenreservat erklärt. Sein wichtigster Grundsatz ist, die Erhaltung der Naturvielfalt mit dem wirtschaftlichen Erwerb in Einklang zu bringen. (dpa)