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Ein Finne für Glashütte

Die Luxusuhrenfirma Lange sucht Fachleute – und wird im hohen Norden fündig.

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Von Maik Brückner

Glashütte. Seinen Traumjob hat Ville Santaharju mehr als 1.500 Kilometer südwestlich seiner Heimatstadt Pori gefunden. Seit gut einem Jahr arbeitet der 25-jährige Finne in der Endmontage der Firma Lange als Uhrmacher. „Es gefällt mir hier sehr gut, nur die deutsche Sprache fällt mir noch sehr schwer“, sagt der junge Mann und lächelt.

Sein Chef, Mathias Zschiedrich, sieht das nicht so. Ville Santaharju sei bescheiden, er habe seit seinem Beginn in der Firma große Sprachfortschritte gemacht. Und fachlich sei er top. Die Uhrmacherausbildung Espoo in Finnland könne sich mit der in Glashütte messen. Sie ist genauso gut, sagt der Montagechef. Allerdings gibt es in Finnland nicht so viele Möglichkeiten für Uhrmacher. Dort gebe es nur eine Uhrenfirma. Deshalb heuern die meisten Uhrmacherlehrlinge nach ihrer Ausbildung bei einem der Uhrengeschäfte im Service an.

Aber eben nicht alle. Einer von ihnen ist ein guter Bekannter von Ville Santaharju. Dieser reagierte auf ein Angebot der Firma Lange. Sie bot per Aushang einen Praktikumsplatz an. Der junge Mann bewarb sich, wurde genommen und fing später als Uhrmacher an. „Das sprach sich an der dortigen Uhrmacherschule herum. Die jungen Leute sind sehr gut vernetzt“, sagt Mathias Zschiedrich. Ville Santaharju bestätigt das. Es war der Tipp jenes Bekannten, der ihn ermunterte, sich beim Luxusuhrenhersteller zu bewerben, erzählt Ville Santaharju.

Zwar hat der erste Finne Lange inzwischen wieder verlassen. Doch dafür arbeiten seit August zwei andere junge Uhrmacher hier, Samu Imponen und Eero Qvick. „Auch sie kamen durch Mund-zu-Mund-Propaganda zu uns“, sagt Mathias Zschiedrich. Er sei immer noch verwundert, welche Wirkung der Aushang hatte. Denn aktiv geworben habe man nicht. Trotzdem sind finnische Kollegen willkommen. Denn die Branche floriert, mechanische Uhren verkaufen sich gut. Deshalb wird es immer schwieriger auf dem hiesigen Arbeitsmarkt, Uhrmacher zu finden.

Um weiterhin komplizierte Uhren zu bauen, sind auch gute Uhrmacher von außerhalb willkommen, so wie die jungen Finnen. Und das spürt auch Ville Santaharju. Er ist inzwischen in Dresden heimisch geworden, wohnt hier mit seiner Freundin. „Dresden ist eine wunderschöne Stadt“, schwärmt er. Nun hofft er, dass er seine Deutschkenntnisse verbessern kann. Dabei hilft ihm seine Firma. Sie hat eine Lehrerin engagiert, die jede Woche dreieinhalb Stunden Deutschunterricht gibt. Auch seine beiden Kollegen lernen auf Kosten der Firma Deutsch. In wenigen Tagen wird die „finnische Gemeinde“ der Firma noch größer. Zwei weitere junge Männer werden anfangen. „Sie stehen zwar ab Februar auf der Gehaltsliste“, sagt Mathias Zschiedrich. Doch zunächst werden sie an einem, ebenfalls von der Firma finanzierten Sprachkurs am Goethe-Institut teilnehmen. Damit soll ihnen der Einstieg erleichtert werden. Theoretisch könnten sie sofort anfangen, weil sie neben Finnisch perfekt Englisch sprechen, sagt er. Doch die Umgangssprache in den Ateliers ist Deutsch. Ville Santaharju freut sich, dass noch mehr Landsleute zu Lange kommen. Andere Finnen hat er in Glashütte noch nicht getroffen. Aber das kann sich ändern. Denn in Finnland werden Jahr für Jahr Uhrmacher ausgebildet – dort ein typischer Männerberuf. Manch einer wird bei der Suche nach dem Traumjob in Glashütte landen.