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Ein Extra-Pegel für Wacker

Radler auf dem Elberadweg wundern sich: Das Chemiewerk hat eine eigene Hochwasser-Messstelle bekommen. Die bringt entscheidende Vorteile.

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© Sebastian Schultz

Von Christoph Scharf

Nünchritz. Momentan fließt die Elbe nur träge dahin. Auf dem Grund des Flusses sind bemooste Steine zu erkennen, zwischen denen ein Schwarm kleiner Fische hin und her huscht. Sie mögen die Temperatur des Wassers, das an dieser Stelle aus dem benachbarten Klärwerk von Wacker in die Elbe fließt. Auf dem Trockenen steht dagegen eine schlanke Metallsäule in Schwarz-Gelb, die sich das Chemiewerk nach dem jüngsten Hochwasser gegönnt hat. „Bislang waren wir vom Pegel in Dresden abhängig“, sagt Thomas Kollmann. Der unterscheide sich aber von den Werten in Nünchritz – auch wegen des Zeitverzugs, sagt der Leiter des Umweltbetriebs bei Wacker. „Wir brauchen für unsere Anlage aber einen verlässlichen Wert.“

Deshalb wurden zwischen dem Wacker-Areal und der Elbe gleich drei der markanten Pegelsäulen installiert: eine direkt unten am Wasser, eine weitere auf Höhe der Elbwiesen, eine Dritte direkt unterhalb des Zauns der Kläranlage. Alle drei wurden so montiert, dass immer eine von ihnen den exakten Stand in Metern über Meeresspiegel anzeigen kann. Derzeit steht die Elbe etwa bei 92 Metern über null – bis zur Spitze des höchsten der drei schwarz-gelben Anzeigen sind noch neun Meter Luft.

Beim derzeitigen Wasserstand ist kaum zu glauben, dass die Elbe tatsächlich mal in diese Regionen vordringen kann. Thomas Kollmann aber hat da schon seine Erfahrungen – er hat schon die Hochwasser 2002 und 2013 im Wacker-Werk mitgemacht. „In beiden Fällen konnte die Flut erfolgreich abgewendet werden“, erinnert sich der promovierte Ingenieur. 2002 sei das Klärwerk von Wacker das Einzige weit und breit gewesen, was trotz Flut noch in Betrieb war. Das Chemiewerk selbst ist ohnehin so hoch gelegen, dass dort kein Wasser hinkommt – vorher läuft die weite Ebene auf der anderen Elbseite voll.

Eine Million Euro für Flutschutz

Aber für das tiefer gelegene Klärwerk gelten im Hochwasserfall strenge Regeln: Ab Warnstufe 1 kontrolliert ein Mitarbeiter stündlich den Pegel. Ein strenges Regelwerk schreibt vor, bei welchen Wasserständen welche Maßnahmen zu ergreifen sind. Da müssen Kontrollgänge gemacht, Dichtungen geprüft, Schieber geschlossen werden. Gleichzeitig wird ab einer bestimmten Höhe die Klärwerk-Wand mit einer Gerüstkonstruktion statisch verstärkt, um dem Druck des Hochwassers besser standhalten zu können. „Das haben wir beim letzten Mal auch schon zur Sicherheit gemacht, tatsächlich wäre es gar nicht nötig gewesen“, sagt Thomas Kollmann.

Die neuen Pegel wie die aktuellen Handlungsanweisungen gehören zu den Maßnahmen, die Wacker nach den Hochwassern 2002 und 2013 ergriffen hat, um die Sicherheit des Klärwerks zu erhöhen. „Insgesamt hat Wacker mehr als eine Million Euro dafür aufgewendet“, sagt Unternehmenssprecherin Asta Tehnzen-Heinrich. Um für den Ernstfall gerüstet zu sein, wird der dann notwendige Handlungsablauf auch geübt. „Da merkt man, was man an der einen oder anderen Stelle noch anpassen muss“, sagt Thomas Kollmann.

An der Elbe dagegen sieht es derzeit überhaupt nicht nach Hochwasser aus. Immerhin strömt aus dem betonierten Auslass des Klärwerks an der untersten Pegelstange kontinuierlich Wasser in die Elbe. Laut Unternehmensangaben fließen rund 70 Prozent des aus Brunnen entnommenen Wassers nach Gebrauch zurück in die Elbe. Eine kontinuierliche Überwachung und regelmäßige unangekündigte Kontrollen durch die Ämter stellen sicher, dass mit der Wasserqualität alles seine Ordnung hat. Den Fischen scheint es jedenfalls zu gefallen. „Angler wissen die Stelle zu schätzen“, sagt Asta Tehnzen-Heinrich.