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Ein dufter Typ

Die rappelvolle Ostermesse hat bewiesen: Die schönsten Blumensträuße in Sachsen bindet ein Mann.

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© René Meinig

Von Henry Berndt

Cymbidium Dos Pueblos macht Eindruck. Die über einen Meter hohe Orchidee mit den unzähligen weißen Blüten lässt die Artgenossen auf der heimischen Fensterbank einigermaßen blass aussehen. Auf der Dresdner Ostermesse ist die prachtvolle Blume ein beliebtes Fotomotiv. „Das ist dein neues Profilfoto“, ist sich ein Mann ganz sicher, nachdem er seine Frau vor der Orchidee in Szene gesetzt hat. Ein paar Meter weiter sorgt die Züchtung „Triumphal“ mit ihren Blüten in der Größe einer CD für fortwährendes Staunen. Ganze Welten an Orchideen sind hier zu sehen. Dazwischen beleuchtete Springbrunnen und – natürlich – Verkaufsstände.

Die größte Orchideenschau Europas lockte bis zum Sonntag insgesamt 52 000 Besucher in die Messehallen – und das trotz des grandiosen Wetters. Draußen in der Flutrinne glitzerte am Wochenende ein Meer von Autodächern in der Frühlingssonne. Drinnen machten insgesamt 350 Aussteller Lust auf Ostern, wobei das ein recht dehnbarer Begriff ist, wie sich zeigte. Nicht nur Eier und Hasen in allen Formen und Farben gibt es hier zu bewundern und zu kaufen. Nein, Ostern ist durchaus auch Handmassage, Salami, ADAC, Klebstoff, Hundeschule und Polstersessel. Alles fand seine Fans. In der Kleingarten-Erlebniswelt trafen sich unzählige Gartenfreunde, denen nach ihrem langen Winterschlaf die Vorfreude auf die fruchtbare Zeit anzumerken war. Und auch die Kinder hatten keinen Grund zu klagen bei Alpakas, Frettchen, Trampolins und riesigen Kugeln, in denen man übers Wasser kugeln kann. Da kommt Freude auf.

Maskulines Farbgefühl

Im Mittelpunkt des Interesses stand jedoch zweifellos der Blumenduft, auch wenn er in einigen Ecken harte Konkurrenz durch Dufthölzer und Bratwürste bekam. Zumindest in Messehalle 1 gab es jedoch kein anderes Thema. Am Sonnabend wurde hier der sächsische Landesmeister der Floristen gekürt. Der 23-jährige Heiko Steudtner aus Cunewalde bei Bautzen überzeugte die fünfköpfige Jury nach einem wahren Marathon an kreativer Blumenarbeit. Bemerkenswert: Unter den fünf Nominierten waren in diesem Jahr gleich drei Männer. Alte Stereotype zählen offenbar nicht mehr. Der Wettbewerb stand in seiner 12. Auflage unter der Überschrift „Floristik für Generationen“. Passend dazu mussten die Teilnehmer unter anderem einen Strauß zum 18. Geburtstag einer Frau und eine Pflanzung zum 1. Todestag der geliebten Großmutter kreieren. Dazu hatten sie jeweils 45 Minuten Zeit. 90 Minuten gab es für einen Brautstrauß, der für eine „große Frau“ geeignet sein sollte. Heiko Steudtner zauberte ein weißes Sträußchen mit langen, herabhängenden Ranken. Genial.

Am Samstagnachmittag wurde er mit blumigen Worten zum Sieger gekürt. Er habe einfach die höchste Fingerfertigkeit und das beste Farbgefühl bewiesen. Trotz seiner jungen Jahre gehörte er auch schon zu den erfahrenen Wettbewerbern im Feld. Schon in seinem ersten Lehrjahr hat er hier teilgenommen, im zweiten Lehrjahr gewann er den Publikumspreis. „Wir wussten schon früh, dass wir ihn irgendwann mal auf der Bühne wiedersehen werden“, sagt Vera Löwe, die Geschäftsführerin des Sächsischen Landesverbandes im Fachverband Deutscher Floristen.

Schon als kleines Kind interessierte sich Heiko Steudtner im Garten seiner Eltern in Bautzen für die Blumen. Heute glaubt er, dass man sich in wenigen Berufen so kreativ ausleben könne wie als Florist. Irgendwann will er auch noch seinen Meister machen. Ein eigener Laden sei aber kein Muss. „Das traditionelle Blumengeschäft hat doch inzwischen ausgedient“, sagt er. Die Zukunft ginge „in die Eventrichtung“. „Da gibt es eine Menge attraktiver Möglichkeiten.“ Apropos Möglichkeiten: im August wird Heiko Steudtner bei der Deutschen Meisterschaft in Berlin antreten. Wer weiß, vielleicht hat er dann ja auch eine besondere Orchideen-Züchtung im Gepäck, die seit dieser Ostermesse den klangvollen Namen ihres Taufpaten trägt: „Jonny Hill“.