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Ein Bienenstock voller Kinder

Mitte Juni ist am Sportplatz in Crostwitz Baubeginn für die Kindertagesstätte in Trägerschaft des Schulvereins.

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© Andreas Kirschke

Von Andreas Kirschke

Crostwitz. Quicklebendig und fleißig geht es im Bienenstock zu. Obendrein sehr kreativ. „Der Name ist Programm,“ meint Ludmila Budarjowa, Vorsitzende des Sorbischen Schulvereins, über den Namen „Chróšæan kolè“ (Crostwitzer Bienenstock) für den künftigen Kindergarten. Mitte Juni ist am Sportplatz Baubeginn für die Tagesstätte in Trägerschaft des Schulvereins.

Die Namensfindung war ein langer Prozess. Eltern und Einwohner diskutierten mehrere Vorschläge. Zuletzt luden Elternbeirat und Schulverein zur öffentlichen Beratung ein. Eltern, Gemeinderäte, Träger und Architekt einigten sich schließlich auf „Chróšæan kolè“ „Das ist ein richtiger Zungenbrecher für jeden, der der sorbischen Sprache nicht mächtig ist“, meint Ludmila Budarjowa. „Deshalb werden interessierte deutschsprachige Eltern sicherlich sagen: Unser Kind besucht den sorbischen Kindergarten in Crostwitz.“

Das Thema „Bienenstock“ hat Geschichte und Zukunft. Es ist nahezu unerschöpflich für Kreativität. Bienen sind fleißig, haben klare Strukturen in Bienenvölkern, sind nützlich für Mensch und Natur, sie sind zugleich bedroht. Seit Ansiedlung der ersten slawischen Stämme in der Lausitz im 7. Jahrhundert war das Interesse an der Arbeit mit Bienen groß. Honig war lange Zeit einziges Süßungsmittel. Zuckerimporte aus Südländern waren kaum bezahlbar. „Davon zeugen historische Dokumente im Kloster St. Marienstern“, so Ludmila Budarjowa. „Der sorbische Imkerverein wurde vor 110 Jahren in der Gaststätte Hornig gegründet. Die Sorben waren als gute Imker europaweit bekannt. Sogar die russische Zarin Katharina II. ließ Studenten beim sorbischen Wissenschaftler und Pfarrer Adam Gottlob Schierach in Kleinbautzen zu Imkern ausbilden.“ Doch die Wiege des sorbischen Imkervereins steht in Crostwitz.

Der Bau einer neuen Kita ist dringend nötig. „Nach Starkregen hatten wir immer wieder Probleme. Die Außenanlagen im Kindergarten waren überflutet. Das Regenwasser spülte Lehmmassen von den Feldern an“, so Bürgermeister Matthias Brützke. Feuchtigkeit drang in die Haus-Fundamente Sie drückt immer wieder nach. Das Mauerwerk schimmelt. „Die Situation ist nicht mehr beherrschbar“, schätzt der Bürgermeister ein. Am 15. Juni startet nun der Neubau. Zum Ende der Sommerferien 2016 soll die neue Kita fertig sein. Die ersten Ausschreibungen laufen bereits. Der Neubau kostet insgesamt 1,49 Millionen Euro. Die Mittel dafür macht der Freistaat locker – aus dem Fördertopf für Hochwasserschäden 2013. Das Mobiliar wird allerdings nicht bezahlt.

Die neue Kita wird ebenerdig, eingeschossig, hell, behindertengerecht, als Massivbau in Form eines mehrteiligen Bienenkorbes entstehen. „Wir wollen möglichst Naturmaterial verbauen und auf Chemie verzichten“, sagt der Architekt Marko DŸislawk aus Doberschütz. Der Neubau soll als Kindereinrichtung erkennbar sein und sich von der üblichen Architektur abheben. Entstehen sollen drei Gruppenräume für den Kindergarten, zwei Gruppenräume für die Krippe, ein Bewegungsraum zum Turnen, Personal- und Lagerräume und ein Raum für Hausmeister Jurij Smola.

„Grundidee ist, ein Gebäude zu schaffen mit einem zentralen Punkt. Von dort aus sind alle Räume zu erreichen. Damit ermöglichen wir viel Raum für Bewegung und Kommunikation“, so Marko DŸislawk. „Ich sehe das Haus aus Sicht eines Kindes. Zum einen wird es übersichtlich gebaut sein, zum anderen gibt es Rückzugsräume für die Kinder. Dies in Einklang zu bringen, ist die Herausforderung.“ Die bisherige Kita wird nach dem Umzug dann stillgelegt und abgerissen.

Auch das inhaltliche Konzept für die neue Kita steht bereits. Der Sorbische Schulverein hat Eckpunkte bereits vorgegeben. „Die Erzieherinnen arbeiten an einem Entwurf, der dann zunächst mit dem Vorstand, den Eltern und Gemeindevertretern abgestimmt wird“, sagt Ludmila Budarjowa. „Hauptschwerpunkt bleibt der Erhalt, die Pflege und die Weiterentwicklung der sorbischen Sprache.“ Die Mehrheit der Kinder erlernt im Elternhaus bereits als Muttersprache Sorbisch. Kinder, die aus deutschen Elternhäusern kommen und erst im Kindergarten Sorbisch lernen, erwerben die Sprache nach der Immersionsmethode. Der Sorbische Schulverein hat hierfür das Modellprojekt Witaj 1998 konzipiert und eingeführt. Die praktischen Erfahrungen in Kitas sind gut.