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Ein besonderer Ort zum Trauern

Die Pirnaer Gedenkstätte für früh verstorbene Kinder wird häufig besucht. Die Initiative Sternenelternträume hat neue Pläne.

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© Kristin Richter

Von Mareike Huisinga

Pirna. Sanft flackert das rote Grablicht, so, als wolle es der Kälte trotzen. Daneben liegt ein kleines weißes Herz aus Keramik. „In Liebe“ steht darauf. Es ist auch eine Stätte der Liebe.

Vor einem halben Jahr wurde der Gedenkort für früh verstorbene Kinder auf dem Friedhof an der Dippoldiswalder Straße in Pirna eingeweiht. Den Anschub dazu gab die Initiative Sternenelternträume Pirna. „Der Gedenkort wird gut angenommen“, sagt Susann Tittel, Begründerin der Initiative. Diese Einschätzung bestätigt Friedhofsverwalterin Anett Hauschild. „Immer, wenn ich morgens komme, sehe ich ein Grablicht brennen, das jemand angezündet hat“, sagt sie.

Außerdem hat sie schon oft Anrufe von Interessenten entgegengenommen, die wissen wollten, wo genau sich diese besondere Gedenkstätte befindet. Deshalb denkt die Friedhofsverwaltung aktuell auch darüber nach, den Ort auf dem Gelände noch besser auszuschildern.

Als Betroffene hat Susann Tittel im März 2015 die Initiative Sternenelternträume Pirna gegründet. Die richtet sich an Eltern, die ihre Kinder früh verloren haben, vorwiegend in der Schwangerschaft oder auch kurz nach der Geburt.

Brief ans verstorbene Kind

Mit dem Gedenkstein für Sternenkinder möchte Susann Tittel vor allem jenen Eltern einen Raum bieten, die keinen Ort der Trauer haben. Dazu zählen zum Beispiel Frauen, die in einer Zeit ihre Kinder verloren haben, als es Beisetzungen für Sternenkinder noch nicht gab. Heute gilt, dass tote Kinder ab 500 Gramm beerdigt werden müssen und unter dieser Gewichtsgrenze beerdigt werden können. Je nach Wunsch der Eltern.

Susann Tittel freut sich über die Resonanz, die der Gedenkort erfährt. Schon oft hat sie Briefe gesehen, die Eltern ihren verstorbenen Kindern an dieser Stelle hingelegt haben. Erst vor Kurzem fragte ein Paar, ob es eine Holzkiste mit einem Brief für ihr Kind an den Gedenkstein stellen darf.

Zu der Selbsthilfegruppe Sternenelternträume in Pirna zählen derzeit rund 20 Eltern. Sie kommen in unregelmäßigen Abständen zusammen, um sich auszutauschen und zuzuhören. „Dabei wird nicht nur geweint, wir lachen auch und basteln kleine Dinge für uns“, sagt Susann Tittel. Auf Wunsch vermittelt die Initiative eine Fotografin aus Pirna, die ehrenamtlich ästhetische Fotos von Sternenkindern macht. Tittel weiß: „Das schafft Erinnerungen für die Eltern, denn die Fotos sind alles, was bleibt, und somit ein wichtiger Bestandteil der Trauerarbeit.“

Andacht in der Friedhofskapelle

Überhaupt gibt es viele in Pirna, die sich engagieren. Eine Geschäftsfrau aus der Altstadt näht für die verstorbenen Kinder kleine Mützchen. Eine andere Unternehmerin veranstaltet einen Weihnachtsmarkt, der Erlös soll der Initiative Sternenelternträume zugute kommen. Susann Tittel will auch in diesem Jahr wieder eine Andacht für Sternenkinder halten. Gemeinsam mit Superintendentin Uta Krusche-Räder lädt sie am 11. Dezember, dem Internationalen Tag für verstorbene Kinder, zu einem kleinen Gottesdienst ein. Das Programm dauert ungefähr 30 Minuten und besteht aus besinnlichen Worten sowie Musikstücken. Bereits im letzten Jahr kamen rund 40 Besucher. „Ich rechne diesmal mit einer ähnlichen Resonanz“, sagt Susann Tittel. Außerdem möchte sie künftig ihre Initiative und die Angebote stärker öffentlich machen. Dabei setzt sie verstärkt auf die Zusammenarbeit mit den Medien. Das MDR-Fernsehen hat bereits bei ihr angefragt.

Die junge Frau überlegt einen Moment: „Wenn ich das Thema nicht ansprechen würde, würde es keiner machen.“ Die verstorbenen Kinder sollten nicht totgeschwiegen werden, wünscht sich die Mutter. Daher rührt auch ihr Engagement. Sie selber hat zwei Kinder früh verloren. „Jedes Kind zählt. Ich bin Mutter von vier Kindern, zwei an meiner Hand und zwei unter meinem Herzen“, sagt Susann Tittel leise.

Andacht für verstorbene Kinder, 11. Dezember, 17 Uhr, Kapelle, Friedhof, Dippoldiswalder Straße 20, Pirna