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Ein Bayer in Fügen

Michael Hefele ist das, was man einen Typ nennt. Bei Dynamo Dresden gilt der Neue deshalb als Hoffnungsträger.

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© Lutz Hentschel

Von Tino Meyer, Fügen

So stellt man sich einen kernigen Bayern vor: groß, kräftig und immer gut für einen flotten Spruch – den abseits des Weißwurstäquators aber aufgrund des Dialekts kaum einer versteht. „Ich gebe mir Mühe, ich bin aber kein klassischer Hochdeutsch-Sprecher“, sagt er. Jetzt müsste Michael Hefele, aufgewachsen in der 5.000-Seelen-Gemeinde Scheyern zwischen München und Ingolstadt, nur noch Lederhose tragen. Das Bild wäre perfekt. Der 23-jährige Verteidiger hält sich jedoch an die Kleiderordnung im Trainingslager von Dynamo Dresden.

Vorschriftsmäßig kommt er im Trainingsanzug. Die langen Haare verbirgt er auch nicht unterm Filzhut mit Edelweiß-Stickerei. Hefele hat sich für eine schwarze Kappe mit Dynamo-Emblem entschieden. Das ist einerseits praktisch und zeigt außerdem, wie ernst es ihm ist mit dem Wechsel ins Ausland. Anders lässt sich seine Entscheidung, nach den Stationen Ingolstadt, Augsburg, Unterhaching, Fürth und Burghausen nun erstmals für einen nichtbayerischen Verein Fußball zu spielen, ja kaum interpretieren.

Mit dem Geständnis, noch nie auch nur einen Schluck Alkohol getrunken zu haben, macht Hefele dann ganz schnell auch noch das größte Klischee kaputt. Dass Bier im benachbarten Freistaat zum Grundnahrungsmittel zählt.

Der Neuzugang mit dem trotzdem naheliegenden Spitznamen Hefe hat auch ohne jegliche zusätzliche Hopfenzufuhr die stattliche Größe von 1,92 Meter erreicht. In Fürth haben sie ihn in Anspielung auf sein imposantes Äußeres deshalb Conan gerufen. So heißt der Barbar im gleichnamigen Fantasy-Spektakel mit Arnold Schwarzenegger. Ralf Minge jedoch, Dynamos Sportvorstand, mag es sachlicher. Für ihn ist Hefele schlicht „ein Typ“. Weil es in der vergangenen Saison vor allem an solchen Charakteren fehlte, hat er ihn verpflichtet.

Minge sagt, er habe Hefeles Überzeugung in den Vertragsgesprächen regelrecht gespürt und auch seine Bereitschaft, Führungsspieler zu sein. Übersetzt in die Branchensprache liest sich das so: „Was Dynamo von mir erwarten kann, ist immer hundert Prozent Einsatz und Leidenschaft. Ich bin mit viel Herz bei der Sache“, versichert Hefele, der in Fürth nach zwei schweren Verletzungen keine Perspektive mehr sah, sich zum Drittligisten Burghausen ausleihen ließ und nun in Dresden noch mal neu anfangen will.

Insofern passt er gut zu den Schwarz-Gelben, die das gleiche Ziel verfolgen. Als Führungsspieler in einer Mannschaft mit vielen neuen, jungen Spielern ist der Ur-Bayer eingeplant – und sich dieser Aufgabe bewusst. „Ich bin zwar auch erst 23 Jahre, habe aber schon einiges mitgemacht“, betont Hefele. Mit dem vielstrapazierten Begriff Verantwortung habe er keine Probleme. „So etwas wie Druck spüre ich nicht“, sagt der gebürtige Pfaffenhofener und bezeichnet es stattdessen als Ehre, bei Dynamos Neuanfang dabei sein zu dürfen.

Nach nicht einmal zwei Wochen Trainingszeit fühlt sich Minge jedenfalls bestätigt, mit Hefele den richtigen Spieler nach Dresden geholt zu haben. Die Rückversicherung von Klaus Augenthaler hat es dafür nicht einmal gebraucht. Dennoch hat er beim Weltmeister von 1990 sicherheitshalber mal angerufen. Schließlich ist der bei der SpVgg Unterhaching so etwas wie Hefeles Entdecker gewesen – und inzwischen auch sein Fast-Schwiegervater.

Den sportlichen Teil bestätigt Hefele, und das ausführlich: „Unterhaching war für mich der Einstieg in das Profigeschäft. Gleich in meiner ersten Saison habe ich unter ihm fast immer gespielt. Er hat mir viel gelernt in Sachen Technik und Stellungsspiel.“ Alles andere aber, sagt Hefele rigoros, „ist privat.“ Nachfragen zu seiner Beziehung mit Lisa Augenthaler sind gestattet, doch Antworten gibt es keine.

Offen schwärmt er dagegen von Dresden. Besonders die Altstadt hat es ihm angetan. „Am Wochenende bin ich mit dem Auto eine halbe Stunde durch die Stadt gefahren, immer wieder über die Brücken“, sagt Hefele. Vor allem der Blick hinüber zur Frauenkirche sei unbeschreiblich schön und für einen wie ihn nicht selbstverständlich. „Ich komme vom Dorf. Da sieht man so etwas nicht jeden Tag“, findet er.

In Scheyern, wo die Eltern mit seiner bald 20-jährigen Schwester und seinem 14-jährigen Bruder wohnen, gibt es dafür eine andere Sehenswürdigkeit: das Benediktinerkloster mit einer der weltweit ältesten Brauereien. Das Klosterbräu, hat sich Hefele zumindest sagen lassen, sei sehr empfehlenswert. Probieren will er es nicht – und auch im Fall des Aufstiegs keine Ausnahme machen. „Ich brauche das nicht, kann auch ohne Alkohol einen Scherz machen“, erklärt Hefele und meint: „Sollten wir wirklich aufsteigen, bekommt doch der Trainer das Bier über den Kopf gekippt.“ Mit dieser urbayerischen Tradition würde er nun wieder nicht brechen wollen.