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Ein Autoklau ganz in Familie

Polizeisprecher Uwe Horbaschk verlässt nach 20 Jahren Görlitz. Hier hatte er mit Bomben, Mord und Fernsehen zu tun.

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Von Ralph Schermann

Erst wenige Minuten fahndet die Polizei nach einem Ford, da steht das Fahrzeug schon auf dem Parkplatz des Görlitzer Reviers Gobbinstraße – zum Erstaunen von Uwe Horbaschk, der alles in Bewegung setzt, die Fahndung zu löschen. Denn er ist selbst mit diesem Auto zum Dienst gekommen. Weil sein eigenes nicht ansprang, „borgt“ er sich den Ford des Schwagers. Dieser meldet den Wagen bald darauf als gestohlen…

Längst lachen alle Beteiligten über diese Geschichte. Sie liegt 20 Jahre zurück. Genau so lange ist es auch her, seit Uwe Horbaschk in Görlitz begann.

Als Pressesprecher der Polizeidirektion Oberlausitz-Niederschlesien ist sein Name anderen längst so bekannt wie ihm selbst die tägliche Fahrstrecke zwischen Görlitz und seinem Wohnort Gablenz. Das Pendeln hat jetzt ein Ende: In diesen Tagen wechselt der 47-jährige Kriminalhauptkommissar nach Weißwasser und leitet fortan das dortige Polizeirevier.

Damit endet die bisher längste polizeiliche Funktion Horbaschks als Pressesprecher. Als er es 1999 wurde, hieß das noch Leiter Fachbereich Öffentlichkeitsarbeit. „Es ist eine schwierige Funktion: Presseleute wollen alles wissen, die Ermittler möglichst nichts verraten“, beschreibt Uwe Horbaschk eine Arbeit, die er „im Lauf der Zeit immer interessanter, spannender und vielschichtiger erlebte“.

Dass er auf ausgerechnet so einem Posten landen würde, hatte er 1986 freilich nicht erwartet, als ihn Andreas Schmidt-Schaller zur Polizei holte. „Natürlich nicht in Person“, sagt Horbaschk, der noch heute ein bekennender „Tatort-“ und „Polizeiruf-110“-Fan ist. Der Schauspieler Schmidt-Schaller hauchte damals dem biederen Dienst nach Vorschrift bei den DDR-TV-Kriminalisten einen saloppen Umgang ein und galt als eine Art Schimanski des Ostens. So locker konnte sich auch Horbaschk einen Dienst bei der Kripo vorstellen, viel lockerer, als das sein Vater sah. Immerhin war dieser in Weißwasser 38 Jahre lang Polizist.

Auch Uwe Horbaschk, gelernter Schlosser und Instandhaltungsmechaniker, erfährt, dass polizeiliche Wege keine Schnellverfahren sind. Die Wehrpflicht absolviert er ab 1986 bei der Bereitschaftspolizei, wird dann vom Betriebsschutz in Boxberg übernommen und zum Dienstanfängerlehrgang nach Neustrelitz geschickt. Dann läuft der Schutzpolizist Streife in Weißwasser, bis endlich in Aschersleben die Polizeihochschule winkt.

Es ist deren 27. Lehrgang, jener, der über die Wendezeit und in die Zuständigkeit einzelner Bundesländer führt und ohne Abschlussdienstgrad endet. Erst in einem späteren Zusatzkurs erobert sich Horbaschk jenen Rang, der statt Leutnant der K nun Kriminalkommissar heißt. 1992 beginnt der frisch gebackene Kriminalist in Görlitz in der damals ebenso neuen Struktur des Kriminaldauerdienstes.

Der Wechsel in die Öffentlichkeitsarbeit fällt ihm sieben Jahre später nicht leicht. „Diese Vermittlung zwischen Polizei und Bürgerinteresse verhalf mir aber auch zu völlig neuen Einsichten“, sagt er und erkennt bald, dass mancher Ermittlungserfolg ohne Mithilfe aus der Bevölkerung gar nicht zu erreichen gewesen wäre. Auch Lehrgeld ist freilich zu zahlen: „Bei einem Unfall mit einer Straßenbahn hatte ich viel fotografiert, allerdings war kein Film in der Kamera.“

Solche Ausrutscher aber bleiben Ausnahmen und sind auch darin begründet, dass Uwe Horbaschk kein Schreibtischtyp ist. Wo es geht, ist er bei Einsätzen mit draußen, zeigt auch bei der Begleitung von Demonstrationen Gesicht. Das wird alles noch mehr, als 2005 Görlitz und Bautzen zur Polizeidirektion Oberlausitz-Niederschlesien zusammengelegt werden. Beispiele für spannende Tätigkeiten kennt der Pressesprecher zur Genüge. Er erinnert sich an den in der Oberlausitz gestellten Mörder Schmökel, an Bombenfunde in den Zentren von Görlitz und Zittau, an die Geiselnahme im Gefängnis.

Im Fall von „Bruno“, der mit einer Bande im Norden des Kreises immer kurz vor Büroschluss Banken überfällt, staunt er noch immer darüber, dass eine Bürgerin den Täter an dessen Hose erkennt. Zu sehen ist sie auf dem Foto einer Überwachungskamera, gezeigt in der SZ und bei einem von unzähligen Horbaschk-Auftritten bei „Kripo live“ im Fernsehen. Nie wieder aber hat er so viele Medienvertreter zugleich zu betreuen wie beim Wegfall der Grenzkontrollen. „Die Reporter vieler Illustrierten und Fernsehstationen bis aus der Schweiz haben mir da auch bestätigt, dass sie bisher von Görlitz noch nichts gehört hatten.“ Weil Görlitz einst aber selbst im eigenen Land noch nicht so bekannt war wie heute, geht auch ein jährlicher Treff aller ostsächsischer Polizeisprecher mit auf eine Anregung von Uwe Horbaschk zurück.

Die Gablenzer kennen ihn als Gemeindevertreter und Vorsitzenden des Umweltausschusses. „Ich kümmere mich um meine Familie und um mein Grundstück“, sagt Uwe Horbaschk, „und mehr freie Zeit wird auch in der neuen Funktion nicht bleiben.“ Ob das den Sohn abschreckt, auch Polizist zu werden? Der 21-Jährige wird jedenfalls Verwaltungsfachangestellter.