Merken

Ein anderes Bild von Dresden

Wie das aussieht, soll eine Konferenz zeigen. Dabei hilft auch Politik-Prominenz aus Straßburg.

Teilen
Folgen
NEU!
© Ronald Bonß

Von Annechristin Bonß

Ja, es soll an diesem Donnerstag regnen. Ein Schirm wäre nicht schlecht als Accessoire auf dem Weg durch die Stadt. Und als Zeichen für eine tolerante, fremdenfreundliche Stadt. Um 19 Uhr wollen sich am Lutherdenkmal vor der Frauenkirche Dresden Menschen mit bunten Schirmen und Kerzen treffen. Die Mission: „Dresden ist bunt, und Dresden bleibt bunt!“ Im sozialen Netzwerk Facebook gibt es die Einladung dafür. Schnell hat sie sich verbreitet. „Alle Dresdner und Dresden-Freunde sind dazu aufgerufen, ihren Hintern hochzubekommen, mit bunten Regenschirmen und Kerzen auf den Neumarkt zu kommen und ein Zeichen zu setzen“, heißt es dort.

Das ist es wieder, das Zeichen. Mehr denn je, scheint es, brauchen die Dresdner und ihre Stadt ein solches. Der 3. Oktober und die Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit haben ein verheerendes Mediendesaster über die Stadt gebracht, sagt Dieter Jaenicke, Intendant im Festspielhaus Hellerau. Für die Stadt sei dies zutiefst peinlich gewesen. Und schon droht neues Unheil. Am 17. Oktober jährt sich der erste Rundgang von Pegida zum zweiten Mal. Auch dann soll in der Innenstadt demonstriert werden.

Alexej Hock und Johannes Filous wollen sich mit den Negativnachrichten nicht zufriedengeben. Seit April organisieren die beiden Macher des ausgezeichneten Twitter-Projektes Straßengezwitscher den Kongress „2gather“. Für das Event gibt es keinen besseren Zeitpunkt als das kommende Wochenende.

Im Festspielhaus Hellerau sollen sich Vertreter aus Kultur, Politik und Journalismus mit der Zivilgesellschaft treffen und diskutieren. Es geht um Strategien in den sozialen Medien, Musik als Sprache, die alle Menschen verstehen, den Umgang mit Anfeindungen auf offener Straße und Formen des Bürgerjournalismus. Auch EU-Parlamentspräsident Martin Schulz hat sich angekündigt.

Die beiden Organisatoren haben den SPD-Politiker kennengelernt, als sie den Preis für Zivilcourage vom Förderkreis Denkmal für die ermordeten Juden Europas bekamen. Schulz lud sie nach Brüssel ein und sagte schnell zu, den Kongress zu unterstützen. Wie viele andere der Referenten unterstützt er ehrenamtlich die Veranstaltung. Zugesagt haben auch Frank Überall, der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalistenverbandes, und Vertreter des bekannten Straßenkunstprojektes Barbara.

420 Teilnehmer können pro Tag in das Festspielhaus. Hellerau-Intendant Dieter Jaenicke lässt nicht unerwähnt, dass die Gedanken an die Sicherheit groß sind. „Man kann nicht ausschließen, dass jemand den Kongress stören will“, sagt er. Beunruhigt sei er aber nicht. „Die Veranstaltung ist die richtige Antwort darauf, was in Dresden passiert.

Die schlechten Erfahrungen seien kein Zufall mehr. „Doch es gibt noch andere Menschen in der Stadt.“ Die sollen sich vernetzen und austauschen. So im neuen Portal Crowdge-zwitscher von Alexej Hock und Johannes Filous. Darin berichten mobile Reporter von fremdenfeindlichen Kundgebungen in Sachsen – unter Einhaltung journalistischer Standards. Eine erste Version der Seite soll beim Kongress vorgestellt werden.