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Ein Amerikaner in Großschönau

Wolfgang-Martin Boerner ist ein Nachfahre der Textil-Familien Waentig und Fabian. Jetzt war er mit seinem Sohn auf den familiären Spuren unterwegs.

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© privat

Von Arndt Bretschneider

Großschönau. Sein Forscherleben trug ihn durch die ganze Welt, seine Leistungen wurden von den USA über Europa bis Japan mehrfach mit Ehrendoktortiteln gewürdigt. Und obwohl er viele Jahre seiner beruflichen Tätigkeit im Ausland verbrachte, hat Wolfgang-Martin Boerner den Kontakt zu den Wurzeln seiner sächsischen Vorfahren sowie seinen Verwandten nie verloren.

Diese Wurzeln haben Wolfgang-Martin Boerner nun nach Großschönau geführt. Als Mitglied des Fördervereins Deutsches Damast- und Frottiermuseum Großschönau wollte er natürlich an den festlichen Veranstaltungen aus Anlass „350 Jahre Damastweberei und 160 Jahre Frottierweberei in Großschönau“ teilnehmen. Leider hat aber eine schwere Erkrankung eine Reise nicht gestattet. Am vergangenen Wochenende konnte der fast 80-jährige emeritierte Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Dr.-Ing. Eh. Wolfgang-Martin Boerner nun gemeinsam mit seinem jüngsten Sohn Allan die lange geplante Reise nach Großschönau nachholen, wo sich die Wurzeln seiner mütterlichen Vorfahren finden. Prof. Boerner, heute in Chicago (USA) lebend, ist ein Nachfahre der bedeutenden Großschönauer Familien Waentig und Fabian. Anna Luise Waentig, eine Tochter des Großschönauer Damast-Fabrikanten Christian David Waentig jun., heiratete 1866 den Fabrikantensohn und späteren Eigentümer Karl Heinrich Fabian von der Großschönauer Firma „Friedrich Fabian jun.“ Aus dieser Ehe ging neben weiteren Geschwistern Martha Luise Fabian hervor – die Großmutter von Wolfgang-Martin Boerner.

Dieser wurde in Finschhafen auf Papua-Neuguinea geboren und verbrachte seine ersten Lebensjahre mit den Eltern in Melanesien und Australien, wohin die Familie der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges verschlug. Nach Deutschland zurückgekehrt, besuchte er im fränkischen Ansbach das Gymnasium und ging nach dem Abitur zum Studium an die Technische Hochschule München. Dort diplomierte er und wagte den Sprung „über den großen Teich“ nach Philadelphia an die Moore School of Electrical Engineering (der Geburtsplatz moderner Computer) an der University of Pennsylvania. Hier erwarb er den PhD, den häufigsten wissenschaftlichen Doktorgrad in den englischsprachigen Ländern.

Boerners besonderes Interesse gilt den Messverfahren zur elektromagnetischen Fernerkundung der Erde mit dem Ziel der Umwelterfassung und -erhaltung. So gelang es ihm zum Beispiel, im Tropengürtel den menschlichen, meist schädlichen Einfluss sichtbar zu machen: unkontrollierter Holzeinschlag, Brandrodung oder Gewässer- und Umweltvergiftung durch Edelmetall- oder Erdölgewinnung – und das mittels Satellit völlig unabhängig von Wolkendichte oder Rauch, Tag oder Nacht. Daneben beschäftigt sich Wolfgang-Martin Boerner mit der elektromagnetischen Tiefenerkundung mithilfe der Seismoelektromagnetgeologie, der Radarzielerkennung sowie der modernen optischen und holografischen Erkundung in besagtem Zusammenhang und schließlich der elektromagnetischen Vektortomografie und -topografie. Kurzum: Hier kam ein praktizierender und schöpferischer Wissenschaftler zu seinen weit zurückliegenden Ursprüngen nach Großschönau.

Neben dem Besuch seiner Verwandten galt sein Kommen vor allem dem Förderverein Deutsches Damast- und Frottiermuseum Großschönau, dem er seit vielen Jahren eng verbunden ist. Wolfgang-Martin Boerner zeigte sich im Deutschen Damast- und Frottiermuseum nicht nur beeindruckt von den Leistungen vergangener Generationen, sondern auch von der lebendigen Fortsetzung dieser Tradition im heutigen Textildorf Großschönau.