Merken

Ein abgeschlossenes Heim-Kapitel

Ende Januar verlassen die letzten Asylbewerber das Haselbachtal. Die Zukunft der alten Dorfschule ist ungewiss.

Teilen
Folgen
NEU!
© Matthias Schumann

Von Ina Förster

Die Zukunft des Häslicher Asylbewerberheimes ist besiegelt: Ende Januar ziehen die letzten 20 Bewohner aus. Ein paar Tschetschenen, eine zehnköpfige Familie aus dem Irak. Erst vor zwei Jahren ging ein Aufschrei durchs Haselbachtal: Der kleine Ort sollte ein Asylbewerberheim bekommen. Das sorgte durchaus für Unruhe in der Bevölkerung. Die Pläne eines Privatvermieters, der die alte Schule zum Zweck der Unterbringung von Asylbewerbern ans Landratsamt vermietete, lösten unterschiedliche Gefühle aus. Von Angst bis Wut, von Unverständnis bis Neugier war alles vertreten. Asylgegner marschierten zuerst wöchentlich, dann monatlich am Gelände vorbei. Später verliefen die Proteste im Sand. Diverse Ungereimtheiten im Bauablauf sorgten derweil für Zündstoff im Haselbachtal. Auch die Gemeinde sah sich von den Behörden übergangen und ungenügend informiert.

Doch mit der Zeit glätteten sich die Wogen. Anfang August 2015 zogen die ersten Asylbewerber nach langer Umbauphase und Auflagen an den Hausbesitzer ein. Sie kamen anfangs aus Eritrea, Albanien und dem Irak. Zeitweise war das Heim mit 32 Bewohnern ausgelastet. Die Kamenzer Bildungsgesellschaft betrieb es im Auftrag des Landkreises. Und die Initiativgruppe „Haselbachtal hilft“ tat von Anfang an das, was sie sich auf die Fahnen geschrieben hatte: zuhören, hinsehen, anpacken. Das entschärfte Probleme. Auch der MDR hatte das Heim auf dem Land für Reportagen entdeckt. Und berichtete regelmäßig über das Geschehen vor Ort.

Auch andere Heime werden geschlossen

Knapp anderthalb Jahre später verlassen die letzten Bewohner nun die Unterkunft in der alten Schule. Angesichts sinkender Zahlen von Asylbewerbern schließt der Landkreis Unterkünfte in der Region. „Nach dem Umzug werden sie auf andere Heime verteilt – vordergründig in der Nähe“, so Pressesprecherin Frances Lein. „Seit der Eröffnung sind bis jetzt 18 anerkannte Personen verzogen und eine wird voraussichtlich noch in dieser Woche verziehen“, heißt es. Bereits Ende Dezember wurde ebenfalls die Notunterkunft in Hoyerswerda an der Beethovenstraße geschlossen. Bis Ende Januar kommt das Heim an der Dillinger Straße in Hoyerswerda hinzu. Zudem will man sich bis Ende Februar von der Notunterkunft in Kamenz trennen, die im eigentlichen Asylbewerberheim zusätzlich eingerichtet worden war. In Häslich sieht man dieser Entwicklung gelassen entgegen. „Hier wird einfach ein Kapitel abgeschlossen, das viele von uns in den letzten anderthalb Jahren sehr beschäftig hat“, sagt Adelheid Liefke. In welcher Richtung auch immer. Die Möhrsdorferin hatte sich von Beginn an in der Initiativgruppe „Haselbachtal hilft“ engagiert. War wöchentlich zum Deutschunterricht ins Heim gegangen. Und erlebte hautnah, wie Flüchtlingsfamilien versuchten, Fuß zu fassen. Die einen mehr, andere weniger ambitioniert. „Es gab berührende Momente. Vor allem, wenn man merkte, dass unsere Hilfe dankbar angenommen wird“, so die 69-Jährige. Dabei war es oft nicht einfach – vor allem was die Begleitung zu Ämtern oder Hilfen beim Formulare-Ausfüllen betraf. „Es waren sehr bereichernde Jahre, mit vielen neuen Freundschaften zu Menschen aus anderen Ländern und zu Helfern. Manchmal waren sie mit viel Arbeit oder Frust verbunden, aber meistens mit Freude“, äußerte sich das Bündnis kürzlich auf Facebook. „Wir würden jederzeit wieder so handeln und möchten ein riesengroßes Dankeschön an alle Helfer, Spender und Unterstützer schicken!“ Auch ein unmittelbarer Nachbar des Heimes beschrieb seine Erfahrungen in einem Blog „Bunte Nachbarschaft“ im Internet. Im letzten Kapitel heißt es unter anderem: „Die Bewohner kamen und gingen wieder. Es gab weder Streitigkeiten noch Probleme. Die Heimleitung hat die Lage voll im Blick und unaufgeregt, aber konsequent das Heim geführt.“ Was ist nun nach all der Aufregung Anfang 2015 passiert? Sein Fazit: Nichts! Es gab weder Belästigungen, noch Diebstähle, noch permanente Unruhe um das Heim. Es gab Hilfsbereitschaft, freundliche Blicke, kurze Gespräche und auch viele, die ihre anfängliche Skepsis und Vorurteile nach und nach aufgegeben haben. Mit einem Augenzwinkern beendete er sein spezielles Tagebuch so: „Und das Wichtigste zum Schluss: Das Haselbachtal wurde nicht islamisiert – wer hätte das gedacht!“

Familien werden betreut

Für die Initiative gibt es weiter Arbeit. „Jeder von uns hat eine Familie oder Einzelpersonen unter die Fittiche genommen, die in der Gegend leben. Es gibt genügend zu tun“, so Adelheid Liefke. „Dennoch ist es richtig, das Heim zu schließen. Die Entwicklung der letzten Zeit war nicht optimal. Wir konnten Flüchtlingen in Not helfen. Haben leider aber auch anderes erlebt.“ Was aus dem Haus wird, steht in den Sternen. 2011 verkaufte die Gemeinde das Grundstück an den heutigen Eigentümer. Dessen versprochenes Vorhaben, ursprünglich eine Pension für Behinderten-Taucher zu eröffnen, wurde nicht umgesetzt. Neue Pläne sind nicht bekannt.