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Eigentümer wollen Schutzflächen doch verkaufen

Die zwei Regenwasserrückhaltebecken in Spitzkunnersdorf können vielleicht bald gebaut werden. Ohne Enteignung.

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© SZ-Archiv

Von Holger Gutte

Kühe weiden im Augenblick dort, von wo aus sich noch vor 13 Monaten eine riesige Schlammlawine auf einige Häuser am Pappelweg und im unteren Teil der Dorfstraße in Spitzkunnersdorf wälzte. Binnen weniger Minuten standen hier damals die Grundstücke unter einem dicken Wasser-Schlamm-Gemisch. Ein Jahr danach schilderten Anwohner vor wenigen Tagen in der SZ, dass sie sich seither im Stich gelassen fühlen. Noch immer ist keines der beiden Regenwasserrückhaltebecken in Spitzkunnersdorf gebaut worden. Ja noch nicht mal in der Planung.

So wie Cornelia Neumann sind viele in der Nachbarschaft enttäuscht von ihrer Gemeinde. „Es ist ein Jahr her und im Niederdorf für den Hochwasserschutz nichts passiert. Wenn wenigstens die Bachsohle tiefer ausgehoben worden wäre“, sagt sie. Andere wiederum verstehen nicht, warum die Grundstückseigentümer nicht ihre Wiesen für den Bau von Regenwasserrückhaltebecken an die Gemeinde verkaufen.

Ganz so ist das aber nicht, meldete sich jetzt eine Familie aus einer Erbengemeinschaft bei der SZ zu Wort. Ihr gehört beispielsweise ein Sechstel vom linken Teil der Fläche am Färbegraben in Richtung Berg gesehen. „Wir haben von der Gemeinde noch nie ein konkretes Kaufangebot erhalten“, sagt das Ehepaar. Sie würden verkaufen. Aber der Preis müsste stimmen. Einen Damm oder was auch immer auf ihrer Wiese würden sie nicht dulden. „Dann müsste die Gemeinde das Land kaufen“, sagt die Familie. Sie will nicht namentlich genannt werden, weil die Grundstückseigentümer der Flächen, die für die Rückhaltebecken bestimmt sind, oft als die Buhmänner hingestellt werden. Wegen eines Flächenverkaufes hat sich die Erbengemeinschaft am 28. Mai 2018 schriftlich an die Gemeinde gewandt und ist gern zu weiteren Gesprächen bereit.

Die Familie hat ein Luftbild des Überschwemmungsgebietes, auf dem ein Damm von 200 Meter Länge am Pappelweg von der Weberstraße kommend im Bereich des Färbegrabens eingezeichnet ist. Die Zeichnung ist 2013 entstanden, meint sie. An einer Stelle soll der Damm eine maximale Höhe von 2,50 Meter erreichen. Einen so hohen Damm würden sie aber nicht vor ihrem Haus haben wollen. Ihrer Meinung nach, gibt es noch eine Reihe von anderen Möglichkeiten für den Hochwasserschutz in diesem Gebiet von Spitzkunnersdorf. So finden sie, müsse der Dorfbach im Niederdorf an einigen Stellen ausgebaggert werden. Und nicht nur da, auch im Oberdorf gibt es hierbei noch Handlungsbedarf, schildert ein dortiger Anwohner der SZ. Zudem würde es vom Pappelweg in Richtung Oderwitzer Bad bei Hochwasser einige Staustellen im Dorfbach geben. „Da liegen ein Baum und Äste drin“, berichtet der Spitzkunnersdorfer. Schaden hatte nach dem letzten Hochwasser in diesem Bereich auch eine mal zu DDR-Zeiten errichtete Betonbrücke für die Landwirtschaft genommen, die bei der nächsten Flut zur Staumauer werden könnte, vermutet er.

Der Hochwasserschutz im Ortsteil Spitzkunnersdorf bereitet auch Leutersdorfs Bürgermeister Bruno Scholze (CDU) große Sorgen. „Wir haben hier wild abfließendes Wasser von den Hängen, das jedes mal eine andere Fließrichtung hat“, schildert er. Ein Damm am Pappelweg hätte bei dem Hochwasser 2010 geholfen, 2013 zum Teil, aber 2017 überhaupt nicht, sagt er. Und von einem zwei Meter hohen Damm sei nicht die Rede. Die zwei in Spitzkunnersdorf vorgesehenen Regenwasserrückhaltebecken am Pappelweg und am Sportplatz machen nur Sinn, wenn sie beide gebaut werden. Sie werden auch nur beide zusammen genehmigt, berichtet er.

Beide dafür benötigte Flächen gehören Erbengemeinschaften und einer weiteren Person. Für die Fläche am Sportplatz könnte es jetzt einen Fortschritt geben. „Ende Juli gibt es hierfür eine Aussprache mit den Eigentümern, sagt Bruno Scholze. Und beim Gemeinderat am 13. August geht es dann auch um die Grundstücke für das zweite Becken am Pappelweg. Dann sollen die Gemeinderäte darüber entscheiden, ob es hierfür ein Planfeststellungsverfahren geben soll, was auch eine Möglichkeit einer Enteignung beinhalten würde. Der Flächennutzungsplan müsste dann dafür geändert werden.

Auf das Angebot der Erbenfamilie vom Pappelweg kommt Bruno Scholze gern zurück. „Die Gemeinde kann ihnen derzeit aber nur ein Angebot für den Quadratmeterpreis machen, weil wir ohne Planung ja noch nicht wissen, wie viel Fläche wir brauchen“, sagt er. Unabhängig davon gibt es jetzt weitere Maßnahmen für den Hochwasserschutz. In den nächsten zwei Wochen will die Gemeinde die Anlandungen im Dorfbach im Niederdorf ab Hausnummer 14 bis zur nächsten Brücke ausbaggern. Eventuell werden weitere Abschnitte geplant. Der Eigentümer der Betonbrücke hat der Gemeinde zudem signalisiert, dass er abreißt. Auch die Vermögensgemeinschaft will ihren Part zum Hochwasserschutz beitragen. Der Landwirtschaftsbetrieb hat der Gemeinde jetzt die Fruchtfolge für die nächsten Jahre auf den Feldern an den Hängen gegeben. Demnach wird hier bis 2022 kein Mais angebaut.