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Mit dem Biber arrangieren

Unmittelbar neben der Straße hat der Nager den Kaiserbach angestaut. Das stößt nicht überall auf Begeisterung.

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© Dietmar Thomas

Von Frank Korn

Roßwein. Wer es nicht weiß, fährt daran vorbei. Direkt neben der Staatsstraße 39 in Naußlitz hat der Biber ein Teilstück des Kaiserbachs aufgestaut. „Die Biber erobern sich immer mehr auch die kleinen Bäche“, sagt der Naturschutzbeauftragte Siegfried Reimer. Deswegen hat er vor einigen Jahren die Einrichtung eines Bibermanagements beim Landkreis Mittelsachsen angeregt, das sich um Konflikte zwischen Mensch und Tier kümmert.

Gemeinsam mit Roßweins Bürgermeister Veit Lindner (parteilos), Mitarbeitern der Stadtverwaltung und des Landratsamtes schaute sich der Landrat Matthias Damm (CDU) den Biberdamm in Naußlitz an. Gesprächsthema war auch, wie private Grundstücksbesitzer mit solchen Bauten umgehen sollten. Der Biber sorgt bei den Anwohnern, Landwirten und der Kommune nicht immer für Freude. Durch den Bau der Dämme drohen Verstopfungen von Brücken, Durchlässen und Drainagerohren, zudem geht Weideland verloren, weil sich dies in Sumpfgebiet verwandelt. „Private Eigentümer müssen doch Möglichkeiten haben, sich vor den Auswirkungen solcher Dämme zu schützen“, sagt Landrat Matthias Damm. Dem hält Dietmar Schulze, Leiter des Referats Umweltfachaufgaben im Landratsamt, entgegen: „Die Biber stehen unter strengem Naturschutz.“ Das betreffe nicht nur die Tiere selbst, sondern auch deren Bauwerke.

Biberdamm verrohren

Roßweins Bürgermeister Veit Lindner schlug vor, zumindest in den Sommermonaten das Geäst wegzuräumen und so für einen besseren Durchfluss des Wassers zu sorgen. Doch auch in diesem Punkt erhob der Fachmann sein Veto. „Ich rate dringend davon ab, in einer Nacht- und Nebelaktion solche Dämme zu beseitigen. Wir müssen uns mit der Situation arrangieren“, so Schulze. Es bestehe die Möglichkeit, ein Rohr im Biberdamm zu verlegen, und über dieses einen Wasserabfluss zu gewährleisten. Diese Möglichkeit wird am Biberdamm unweit der Brücke bereits genutzt. Zudem ist das Rohr mit einem Gitter versehen, damit es der Biber nicht wieder zubauen kann. „Sobald es irgendwo gluckert, stopft der Biber die Zwischenräume zu“, erklärt Schulze. Für betroffene Landwirte gibt es die Möglichkeit, Anträge auf Unterstützung zu stellen.

Mit den Auswirkungen der Biberdämme beschäftigen sich Stadtverwaltung und Landratsamt schon längere Zeit. So hatte das Landratsamt vor vier Jahren angeregt, im Rahmen des Flurneuordnungsverfahrens Haßlau einen Flächentausch zu organisieren. Die betreffende Wiese könne der Stadt Roßwein zugeordnet und somit ein Schutzgebiet für den Biber werden. Die Stadt müsse dann eine andere Fläche für die Landwirtschaft bereitstellen, hieß es in dem Vorschlag. Das hatte der Stadtrat ebenso abgelehnt wie die Teilnehmergemeinschaft des Flurneuordnungsverfahrens.

Siegfried Reimer hat den aktuellen Stand in Sachen Biberbaue im Bereich des Kaiserbachs untersucht und für das Landratsamt dokumentiert. „Unterhalb der Brücke in Richtung Margarethenmühle liegen die ersten beiden Dämme. Eine Überstauung dieser beiden Dämme ist nicht zu erkennen“, so Reimer in dem Schreiben. Für diesen Abschnitt sieht der Naturschutzbeauftragte keine Probleme. Ganz anders sieht es oberhalb der Straßenbrücke in Richtung Ossig, dem in den Kaiserbach einfließenden Forstbach in Richtung der Quellbereiche beider Bäche und den dort befindlichen Teichen aus. „Dort gibt es eine brisante Entwicklung. In dieser Richtung sind die Biber auf der Suche nach neuen Revieren unterwegs“, so Siegfried Reimer.

210 Reviere im Kreis bekannt

Aufgabe wird es nun sein, im Rahmen des Bibermanagements die Folgen der Biberaktivitäten für Eigentümer und Kommune erträglich zu gestalten. So kurios es klingen mag: „Der Biber ist ein hervorragender und kostengünstiger Auenrenaturierer und trägt so massiv zur Wasserregulierung bei und wirkt dadurch hochwasserschützend“, so Kreissprecher André Kaiser. In ganz Mittelsachsen gebe es, Stand Ende 2016, zwischen 200 und 210 Biberreviere. Das seien elf mehr als ein Jahr zuvor. Zum Vergleich: Im Erfassungszeitraum 2008/09 waren 130 Reviere bekannt. (mit DA/sol)