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Ehrenamtliche gefeuert

Jahrelang engagiert sich Andrea Keßner mit einer Feuerwehr-AG an einer Grundschule. Dann wird sie plötzlich ersetzt.

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© Claudia Hübschmann

Von Marcus Herrmann

Groitzsch. Mit traurigen Augen blättert Andrea Keßner die Seiten ihres Ordners „Kleiner Löschzug“ durch. Darin zu sehen sind Bilder von lachenden Kindern, die in der Grundschule Burkhardswalde oder während Ausflügen in Feuerwehrgerätehäuser spielerisch etwas über die Arbeit der Feuerwehr erfahren. An der Grundschule Burkhardswalde gibt es die AG „Kleiner Löschzug“ schon sehr lange. Seit Herbst 2007 hatte Andrea Keßner, ehemalige stellvertretende Gemeindewehrleiterin und seit 31 Jahren Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr, die alle zwei Wochen stattfindende AG durchgeführt. „Ich habe Ausflüge zu anderen Wehren organisiert, mithilfe von Sponsoren kleine Uniformen für die Kinder eingeholt, Termine mit Experten von Polizei, THW und Feuerwehr gemacht“, sagt die 55-Jährige.

Die ehrenamtliche Arbeit mit den Kindern gibt der ehemaligen Krankenschwester und späteren Pflegerin Kraft und Halt gegeben – gerade nach dem Tod ihres Mannes 2009 nach schwerer Krankheit und anhaltenden psychischen Problemen in der Folgezeit. „Bis zum Ende des letzten Schuljahres ist alles normal gelaufen, da habe ich sogar ein großes Abschlussfest bei mir zu Hause in Groitzsch für Eltern und Kinder gegeben“, so Keßner.

Doch als es im Sommer 2015 erstmals keine gemeinsame Planung für die AG mit der Schulleitung und der Gemeindeverwaltung Klipphausen für das nächste Jahr gibt, wird Keßner stutzig. Trotzdem genehmigt die Schulleitung ihr Anfang des Jahres einen Ausflug mit den Schülern. Der soll zu einer Wehr nach Dresden führen, doch für den Termin ist schlechtes Wetter angesagt. „

Obwohl der Tag noch nicht gekommen, acht Kinder und drei Eltern schon angemeldet waren, musste der Ausflug abgesagt werden“, erinnert sich Keßner. Es kommt zu kleineren Querelen. Unter anderem soll die AG-Leiterin Eltern nicht zeitig genug über Ausflüge informiert haben. Nach der dritten Veranstaltung in diesem Schuljahr teilt ihr Schulleiterin Uta Fleischer mit, dass sie die AG nicht mehr weiter durchführen dürfe. Dazu hätten sich die Schule und der Gemeindewehrleiter entschlossen.

Die Gründe erhält Keßner in einer schriftlichen Kündigung ihres Vertrages. Nachvollziehen kann die 55-jährige diese nicht. Am 14. November gibt die Feuerwehrfrau die Uniformen der Kinder und den Brandschutzkoffer samt Lehrmaterial ab. „Da ist für mich eine Welt zusammengebrochen. Die AG war mein Ein und Alles..“ Dass ihr Engagement auch bei den Eltern geschätzt wurde, bestätigt eine junge Mutti, deren Sohn in der 1. Klasse an der AG teilgenommen hatte. „Mein Junge hat viel Spaß daran gehabt. Frau Keßner hat sich immer viel Mühe gemacht, abwechslungsreiche Ausflüge geplant, hat uns Eltern auf sympathische Art und Weise an ihrer Tätigkeit teilhaben lassen.“

Inzwischen, sagt sie, gebe es die AG sogar wieder. Geleitet wird sie nun von einer ehemaligen Jugendwehrleiterin, die – wie auch Andrea Keßner – in Groitzsch wohnt.

Gefragt nach den Gründen für die Kündigung der langjährigen AG-Leiterin, möchte die Rektorin der Grundschule sich nicht äußern. Die Gründe öffentlich auszusprechen, helfe niemanden weiter. Uta Fleischer macht aber deutlich, dass sie Frau Keßner für ihre Arbeit dankt, durchaus verstehe, dass sie enttäuscht sei.

Man habe sich die Entscheidung aber nicht leicht gemacht. Zuletzt habe es immer mehr Schwierigkeiten gegeben, die Andrea Keßner nicht habe abstellen können oder auch wollen. Nach SZ-Informationen spielt wohl auch der gesundheitliche Zustand der 55-Jährigen eine Rolle. In der Gemeinde Klipphausen scheint man unsicher, ob Keßner die Arbeit mit Kindern weiter zuzutrauen ist.

Außerdem soll sie zu einzelnen Wehrleitern kein gutes Verhältnis haben, deshalb mit den Schülern nur eine Handvoll Wehren regelmäßig besuchen. Zudem hätten sich einige Kinder über die Umgangsformen der Ehrenamtlichen bei ihren Eltern beschwert, sagt ein Informant der SZ. Andrea Fleischer kann das nicht glauben. Trotzdem wird sie sich mit der neuen Situation abfinden müssen.

Einen Weg zurück gibt es derzeit wohl nicht. „Frau Keßner soll sich jetzt erst mal um ihre Gesundheit kümmern“, so die Schulleiterin.