Merken

Ehe für alle auch zwischen Niesky und Weißwasser

Eingetragene Partnerschaften gibt es in der Region bereits. Die Software zum Heiraten wohl erst 2018.

Teilen
Folgen
© Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild

Von Constanze Knappe

Region. Gleichgeschlechtliche Partnerschaften gibt es in Boxberg wie in anderen Städten und Gemeinden Deutschlands auch. Drei wurden im Standesamt der Gemeinde bisher eingetragen. Eine 2015 und zwei im vorigen Jahr. Es waren jeweils Frauen, die sich ein gemeinsames Leben versprachen. Zwei dieser Paare leben in der Region, eins kam aus Dresden. Formell gesehen handelte es sich um eine „Verpartnerung“. Mit der „Ehe für alle“ wird es künftig eine Eheschließung sein. „Das klingt erstens viel besser und zweitens ist das eine förmliche Gleichstellung von Paaren, die lediglich das gleiche Geschlecht, sonst aber alle ‚Merkmale‘ von verliebten Heiratswilligen vorweisen“, erklärt Arian Leffs. Der Hauptamtsleiter von Boxberg ist zugleich Standesbeamter. Er und Kollegin Carmen Hantschke absolvieren alle zwei Jahre in der Akademie für Standesbeamte in Bad Salzschlirf eine einwöchige Fortbildung zu allen Neuerungen. Zudem gibt es jährliche Workshops. Zur „Ehe für alle“ werde es nach seiner Ansicht wohl keiner gesonderten Schulung bedürfen. Noch hat sich keins der drei Paare gemeldet, um aus der eingetragenen Lebenspartnerschaft eine Ehe zu machen. Auch sonst gab es in diesen Tagen im Standesamt Boxberg keine Anfragen gleichgeschlechtlicher Paare, die aufgrund des neuen Gesetzes heiraten möchten. Doch was nicht ist, kann noch werden.

Damit rechnet ebenso Dirk Eidtner. Lebenspartnerschaften wurden auch im Standesamt von Bad Muskau schon eingetragen. Zwei an der Zahl, um genau zu sein. In die Pückler-Stadt zieht es jedes Jahr etliche Heiratswillige aus München, Hamburg und Berlin. Woher die beiden gleichgeschlechtlichen Paare kamen, möchte der Chef des Bürgeramts der Stadt aber nicht verraten. Nur so viel, dass die Verpartnerung etwas länger her ist. Daraus eine Ehe zu machen, danach hat noch keins der Paare gefragt.

Das ist vielleicht auch gut so. Denn der Beschluss des Bundestags über das „Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts“, wie es offiziell heißt, ist die eine Seite, die praktische Umsetzung eine ganz andere. „Es erfordert einen hohen Verwaltungsaufwand“, sagt Dirk Eidtner. Um gleichgeschlechtliche Ehen beurkunden zu können, müsse die Software angepasst werden. Er habe gehört, dass 2018 eine Update zu kriegen sei. Genaueres wisse er noch nicht.

Auf das Computerproblem verweist auch Sylvana Hallwas aus der Stadtverwaltung Weißwasser. Im dortigen Standesamt wurden zwischen 2006 und 2013 fünf Lebenspartnerschaften begründet, allesamt durch Frauen aus der Region. Aber noch niemand habe sich nach den neuen Möglichkeiten der Eheschließung erkundigt. Die sei für bereits eingetragene Partnerschaften mit der Erfassung im Eheregister eine Formsache. Im Vergleich zu Großstädten bestünde in Weißwasser nicht „die Szene“ für gleichgeschlechtliche Paare, erklärt Sylvana Hallwas. Vereinzelt sei aber damit zu rechnen, dass Paare von den neuen Möglichkeiten der „Ehe für alle“ Gebrauch machen. In Niesky wurde nach Aussage von Standesbeamtin Doreen Scholz bisher eine Lebenspartnerschaft eingetragen. Im Standesamt Schleife, so Kämmerin Carmen Petrick, gab es noch nie diesen Wunsch.

Der jetzige Beschluss des Bundestags zur „Ehe für alle“ ließ bundesweit die Emotionen hochkochen. 2001 wurde das Lebenspartnerschaftsgesetz eingeführt. Es ermöglichte mit der sogenannten Homo-Ehe ein eheähnliches Konzept des Zusammenlebens, welches den Partnern Pflichten wie in einer „richtigen Ehe“ auferlegte, nicht aber gleiche Rechte garantierte. Gemeinsam ein Kind adoptieren, das durften gleichgeschlechtliche Paare trotz amtlicher Eintragung ihrer Partnerschaft bisher nicht. Mit dem Inkrafttreten der „Ehe für alle“ wird dieses Gesetz hinfällig und die Adoption erlaubt. Wer eine Lebenspartnerschaft eingegangen ist, kann diese künftig beim Standesamt in eine Ehe umwandeln.

Vor Deutschland haben bereits 19 andere Staaten, darunter die Niederlande, Spanien, Frankreich und Kanada das Heiraten gleichgeschlechtlicher Partner gesetzlich geregelt und deren Bund fürs Leben erlaubt. Der Begriff „Ehe für alle“ stammt wohl von François Hollande, der ihn in einem Wahlversprechen zur französischen Präsidentschaftswahl 2012 geprägt haben soll. Nach der mehrheitlichen Entscheidung des Deutschen Bundestags am 30. Juni musste das Gesetz noch durch den Bundesrat. In dessen letzter Sitzung vor der Sommerpause am 7. Juli nahm es diese letzte Hürde. Am gleichen Tag ging übrigens das Gesetz zur strafrechtlichen Rehabilitierung der nach dem 8. Mai 1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilter Personen durch. Bis 1969 sollen in der damaligen BRD 50 000 Menschen dafür verurteilt worden sein. Nach der Zustimmung durch den Bundesrat muss die „Ehe für alle“ noch als Gesetz ausgefertigt, also vom Bundespräsidenten unterzeichnet, und im Bundesgesetzblatt verkündet werden.