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„Egoistischer Einzelgänger, still, zurückgezogen, schwer zugänglich“

David S. bestätigt das Bild vom typischen Amokläufer. Andere derartige Gewalttaten dienten ihm offenbar als Vorbild.

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München. Der Amoktäter von München hat seine Tat seit über einem Jahr geplant und sich nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft bei seiner Tat an anderen Amok-läufen orientiert – darunter am norwegischen Massenmörder Anders Behring Breivik und dem Amokläufer von Winnenden. Unter anderem war er selbst nach Winnenden gefahren, hatte sich dort umgesehen und Fotos gemacht.

Der bayrische LKA-Chef Robert Heimberger widerrief allerdings die Meldung, dass sich auf dem Computer des 18-jährigen Deutsch-Iraners David S. das „Manifest“ Breiviks befunden habe. Viel mehr habe der Münchner Amokläufer an einem eigenen Manifest gearbeitet. Unklar ist noch, ob er für seine Tat bewusst den fünften Jahrestag der Breivik-Anschläge auswählte.

In der Wohnung von David S. wurde auch das Buch „Amok im Kopf“ des Amerikaners Peter Langman gefunden, in dem sich der Psychologe auch mit dem Columbine-Highschool-Massaker 1999 auseinandersetzt. Dieser Amoklauf gilt wegen seiner Inszenierung für diese Szene als so etwas wie „die Tat schlechthin“.

Der Deutsch-Iraner war nach Angaben von Oberstaatsanwalt Steinkraus-Koch im Jahr 2012 von Mitschülern gemobbt worden. Außerdem er hatte er offenbar ein schwieriges Elternhaus. Allerdings gibt es nach bisherigem Stand der Ermittlungen unter den Opfern weder Mitschüler des Täters noch Bekannte seines Facebook-Kontos. Dieses hatte er im Mai unter falschem Namen angelegt und dabei Fotos eines anderen Nutzers verwendet. Über dieses Konto kündigte er am Freitag an, bei McDonald’s eine Runde spendieren zu wollen – möglicherweise, um mehr potenzielle Opfer an den Tatort zu locken.

Bestätigt ist auch, dass David S. 2015 zwei Monate lang zur Behandlung in einer stationären Einrichtung war – wegen „sozialer Phobien“ und Angstzuständen vor allem beim Kontakt zu anderen Personen. Zudem war er nach Heimbergers Angaben ein „ausgeprägter Ego-Shooter-Spieler“ und habe intensiv „Counter-Strike: Source“ gespielt – ein Spiel, dass in den vergangenen Jahren jeder Amokläufer gespielt habe. Experten meinen jedoch, dass solche Spiele zwar einen verstärkenden Effekt auf die Tötungsfantasien haben können, aber nicht deren Ursache seien.

Die Kriminologin Britta Bannenberg, Professorin an der Uni Giessen, sagt, die Tat sei offenbar lange geplant gewesen, was typisch bei Amokläufern sei. Möglicherweise habe die Berichterstattung über die Anschläge in Nizza und Würzburg den 18-Jährigen angeregt, seine Pläne nun umzusetzen. Sie hält David S. für den typischen Amoktäter: „Ein egoistischer Einzelgänger, still, zurückgezogen, schwer zugänglich. Diese Täter haben eine Persönlichkeitsstörung, sie sind Narzissten, fühlen sich nicht anerkannt und ungerecht behandelt.“ Amokläufer seien Menschen, die mit dem Leben nicht zurechtkämen. Ein solcher Täter entwickele „Hass- und Gewaltfantasien und sucht dann irgendwann den ‚großen Abgang‘ – seine eigene Tötung mit einkalkuliert.“ (dpa/epd)