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„Edelstahl ist etwas Wunderschönes“

Der Edelstahlbauer G.S. Stolpen entwickelt sich rasant. Der neue Geschäftsführer baut den Handwerks- zu einem Industriebetrieb um.

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© Dirk Zschiedrich

Von Franz Werfel

Stolpen. Viel Betrieb herrscht in der Fertigungshalle der G.S. Stolpen. Mechaniker arbeiten an großen Maschinen, konzentriert wird an Einzelarbeitsplätzen montiert. So auch bei Billy Kuschnitzke. Der gelernte Konstruktionsmechaniker hebt gerade eine verglaste Edelstahltür in die Angel einer Vitrine. Letzter Arbeitsschritt, dann ist die Vitrine fertig. Nach ihrer Auslieferung wird sie ein Element in einer Großküche sein, die komplett hier in Stolpen gebaut wurde. 1903 gründete Ernst Uhlemann den Betrieb als Bauholzgeschäft in der Stolpener Ziegelei. Nach Kriegsende wurde er 1945 komplett als Reparationszahlung demontiert. In der DDR wurden in Stolpen vor allem Öfen und Herde gebaut. Wieder privatisiert wurde die Firma vor 25 Jahren. In Stolpen setzt man nun voll auf Edelstahl. Heute gehört die Firma fünf Gesellschaftern und ist auf Großküchen, Cateringsysteme und Labortechnik spezialisiert.

Seit April 2015 ist Jörg Schöpp Geschäftsführer bei der G.S. Stolpen.
Seit April 2015 ist Jörg Schöpp Geschäftsführer bei der G.S. Stolpen.

Seit April 2015 leitet Jörg Schöpp die Geschicke der G.S. Stolpen. Er, der vorher in Süddeutschland in der Kraftwerksbranche tätig war, ist angetreten, den traditionsreichen Handwerksbetrieb zu einer modernen Industriefirma umzubauen. Das sei auch dringend nötig, sagt Schöpp, denn der Markt werde größer und anspruchsvoller. In den vergangen zweieinhalb Jahren hat er die Firma verändert. Vorerst hinsichtlich der internen Organisation, im Vertrieb und bei der Außendarstellung.

Solle die Firma weiter wachsen, sagt er, müssen neue Geschäftsfelder entdeckt und erschlossen werden. Der Kurs ist klar. Vor allem in der Medizintechnik und bei der Ausstattung von Labor- und Reinräumen, etwa auch für die Wissenschaft, wolle man wachsen. Mit Küchen-Spezialanfertigungen für Luxusjachten hat die Firma einen weiteren interessanten Markt im Auge. Ihr Gesamtumsatz betrug im vergangenen Jahr 12 Millionen Euro. Für dieses Jahr geht der Chef von 20 Prozent Steigerung aus. Das geht auch mit den derzeit 150 Angestellten, von denen 90 in der Fertigung arbeiten, nicht von selbst. Die Gesellschafter haben deshalb in den vergangenen zwei Jahren rund zwei Millionen Euro in Stolpen investiert. „2016 haben wir unseren Maschinenpark erneuert, unter anderem mit einer neuen Abkantmaschine“, so Schöpp.

Seit einem Jahr treibt noch eine weitere Neuerung die gesamte Firma um. Im vergangenen Sommer hat die G.S. Stolpen ein ERP-System eingeführt. Die Enterprise-Resource-Planning ist eine Art digitale Rundumbetreuung für den gesamten Betrieb. Alle Prozesse der G.S. Stolpen werden nun mit einer Software digital erfasst. Alle großen Konzerne und größere mittelständische Unternehmen arbeiten damit. Nun hat es auch in Stolpen Einzug gefunden. „Das ist eine große Herausforderung und für viele Firmen ein kritisches Moment“, sagt Jörg Schöpp. „Es umfasst alle unsere Prozesse, sowohl in der externen Kommunikation mit Kunden wie bei der Auftragsbestätigung, als auch intern.“ Jeder einzelne Fertigungsschritt, von der Planung bis zur Auslieferung, wird nun mit dem Computerprogramm gesteuert und überwacht. Würde das System scheitern, könnte die Firma Probleme bekommen, so Schöpp.

Auf 76 Seiten hatte sein Team für die Softwarefirma festgehalten, was das System für die G.S. Stolpen alles leisten soll. Das oberste Ziel: Administrative Prozesse schneller und leichter voranbringen, überwachen, auswerten. Mittlerweile klappe es ganz gut, sagt Schöpp. Seit Sommer arbeitet die komplette Firma mit der Software. Das Potenzial, das Schöpp in der G.S. Stolpen sieht, macht ihn für die Zukunft optimistisch. „Edelstahl ist etwas Wunderschönes, ein sehr flexibles Material, das wohl noch lange en vogue sein wird“, sagt er. Es könne vielseitig eingesetzt werden. „Edelstahl sieht gut aus und lässt sich leicht reinigen.“Auf die Frage, warum er beruflich nach Sachsen gewechselt ist, sagt er: „Gegessen und gereist wird immer.“ Viele große Hotelketten gehören schon zu den Kunden, Küchen in Kitas und Schulen werden aus Stolpen beliefert. Der Pflege- und Krankenbereich wächst. „Wir sind sehr breit aufgestellt“, sagt Schöpp.

Langfristig will die Firma wachsen. Das Nachbargrundstück hat man sich schon im vergangenen Jahr gesichert. Eine neue Halle für die Konstruktion könnte in den kommenden Jahren entstehen. Dafür braucht er neue Mitarbeiter. Mitarbeiterentwicklung sei wichtig zur Motivation und um Fachkräfte zu halten. So werden Meister-Ausbildungen von der Firma bezahlt. „Will sich jemand weiterbilden, unterstützen wir das gern“, sagt Schöpp. Azubis, von denen die G.S. in jedem Jahr möglichst drei einstellen will, werden grundsätzlich für den eigenen Bedarf ausgebildet – mit dem Ziel, sie anschließend im Betrieb zu halten. 2018 will man zusammen mit Stolpen erst einmal feiern. Nicht nur begeht die Stadt ihren 800. Geburtstag. Die G.S. Stolpen wird 115 Jahre alt.