Merken

Restaurant lässt Kinder wieder rein

Ein Dresdner Gastronom hatte Kindern den Zutritt verweigert, weil sich Gäste beschwerten. Ausnahme oder Vorbild?

Teilen
Folgen
© dpa

Von Maximilian Helm und Nora Domschke

Mit einem Verbotsschild sorgte das japanische Restaurant Ogura im Hilton an der Frauenkirche kürzlich für Schlagzeilen. Zwei Kinder waren darauf abgebildet, durchgestrichen. Dem Nachwuchs war der Zutritt nicht gestattet – zu keiner Tageszeit. Mittlerweile ist das Schild verschwunden. Weil Inhaber Yukio Ogura nur schlecht deutsch versteht und spricht, erklärt seine Mitarbeiterin gegenüber der SZ: „Kinder sind für uns kein Problem und willkommen. Das Verbot haben wir nach einer Woche aufgehoben.“

Warum es überhaupt verhängt wurde, lässt sie unbeantwortet. Offenbar reagierte Yukio Ogura damit auf Beschwerden von anderen Gästen, die sich durch die Kinder gestört fühlten. Rechtlich liegt der Restaurantbetreiber mit seinem Zutrittsverbot auf der sicheren Seite. Als Inhaber hat er das Hausrecht, und es steht ihm frei zu entscheiden, wen er bewirtet und wen nicht. Auch der Dresdner Gaststättenverband Dehoga zeigt sich in dieser Sache zurückhaltend. „Da ist zum Glück jeder frei in seiner Entscheidung“, sagt Vorsitzender Rolf Dieter Sauer. In seinem eigenen Gasthaus, der Bergwirtschaft Wilder Mann, macht der Gastronom davon in seltenen Fällen auch Gebrauch. Besonders laute Kinder, deren Eltern sich uneinsichtig zeigen, verweist Sauer dann seines Restaurants. Er hält das komplette Verbot seines Kollegen zwar für übertrieben, kann es aber durchaus nachvollziehen. Und das, obwohl sein Restaurant 2014 zum kinderfreundlichsten Hotelrestaurant Dresdens gekürt wurde. Doch manchmal liege gerade hier das Problem, sagt er. Besonders am Wochenende essen und trinken in Sauers Gaststätte zahlreiche Familien – mit zahlreichen Kindern.

„Wenn unter 400 Gästen etwa 40 Kinder sind, dann ist der Geräuschpegel mitunter sehr hoch. Da muss ich auch an die anderen Besucher denken“. Helfen Hinweise an Eltern und Kinder nichts, werden sie im Notfall vom Personal darum gebeten, das Restaurant zu verlassen. Was bereits unschöne Szenen zur Folge hatte, so Sauer.

Für Gerd Kastenmeier kommt ein derartiges Vorgehen indes nicht infrage. Sein bekanntes Fischrestaurant liegt nur etwa 500 Meter vom Ogura entfernt im Kurländer Palais am Tzschirnerplatz. Gerade wegen der vielen Aquarien sei das Restaurant bei Familien mit Kindern beliebt. „Das sind die Gäste der Zukunft, denen verbiete ich ganz sicher nicht zu kommen“, sagt der 47-Jährige entschlossen. Auch viele seiner Stammkunden kämen stets mit ihren Sprösslingen. Die wolle der Spitzenkoch nicht verprellen. Kastenmeier kennt weltweit kein einziges Restaurant, das Kinder aussperrt. Kneipen und Bars sicherlich – aber keine Gaststätten. Andere Gäste hätten sich bei ihm nie beschwert, auch wenn die Kleinen mal wieder etwas lauter sind.

Das Thema ist kein leichtes. Jeder Restaurantbesitzer kann Geschichten von Gästen erzählen, die sich danebenbenehmen. Und dazu zählen eben auch viele Familien mit Kindern. Lautete früher die Devise: „Kinder am Tisch sind stumm wie ein Fisch“, sind die Regeln beim Essen heute längst nicht mehr so streng. Die Kleinen sollen mitreden und dürfen durchaus Aufmerksamkeit einfordern. Viele Restaurants schaffen mit Spielecken einen Bereich, in dem die Kinder etwas abseits der Tische unter sich sind. Doch auch dann kann es laut werden. Dennoch bleibt das komplette Verbot – wie im Ogura – bislang einmalig in Dresden. Vor allem in kinderreichen Vierteln, etwa in der Neustadt, wäre eine solche Regel undenkbar. „Manche Kunden finden es toll, wenn hier Kinder rumlaufen. Andere wiederum fühlen sich gestört. Aber wir sperren niemanden aus“, sagt Boris Kögel. Der Chef des Restaurants Lila Soße in der Kunsthofpassage nimmt das Problem gelassen. Viele seiner Gäste sind junge Familien. Auf diese zu verzichten, würde dem Lokal mehr schaden als nutzen. Das sieht auch Constantin Müller so. In seinem Mahl2 auf der Görlitzer Straße sind Kinder willkommen. „In einem großen Hotel wie dem Hilton kann man es sich offensichtlich leisten, Familien mit Kindern außen vor zu lassen. Für uns ist das keine Option.“

Mit einem um sich greifenden Kinderverbot müssen die Dresdner und die Besucher der Stadt künftig wohl also nicht rechnen. In der deutschen Geburtenhauptstadt machen kinderreiche Familie einen Großteil der Gäste aus. Mittlerweile hat das offenbar auch Yukio Ogura erkannt. Wer bei ihm Sushi, Sashimi und andere japanische Speisen genießen will, kann das nun wieder mit seinem Nachwuchs tun.