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Eau de Konsum

Der Dresdner Parfümeur Uwe Herrich kreiert Raumdüfte für Geschäfte, die für Kaufrausch sorgen.

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© René Meinig

Von Jana Mundus

Dresden. Orange ist gefährlich. Wenn die Ehefrau zum Shoppingausflug ruft und schnell noch einen Spritzer Parfüm mit dem Duft dieser Zitrusfrucht auflegt, sollten Männer stutzig werden – und ihr Portemonnaie im Auge behalten. Denn die Orange kann, woran die weibliche Überredungskunst manchmal scheitert, Sie animiert auch männliche Portemonnaie-Hüter dazu, Geld auszugeben. Die Orange verströmt ein manipulierendes Aroma. „Sagen wir mal, der Geldbeutel sitzt dann etwas lockerer“, erklärt Uwe Herrich. Der Dresdner Parfümeur weiß, wovon er spricht. Er kennt die Macht der Düfte, er hat gelernt, was sie im Unterbewusstsein der Menschen auslösen können. Und Uwe Herrich kann ihn herstellen: den Duft des Konsums.

Seine kleine, feine Drogerie auf der Warthaer Straße gleicht eher einem Duft-Labor. Zwischen Parfümflakons und Seifenstückchen lagern auf den Regalbrettern in gläsernen Behältern die Zutaten für seine Kompositionen. Die stellt er selbst her. Durch Destillation der Pflanzen mit Wasserdampf, das Einlegen der Blüten in reinen Alkohol oder Schweinefett gewinnt er die Essenzen, aus denen er seine Duftwelten erschafft. Dafür nutzt er nicht nur Kräuter oder Blumen. In einem Glas hat er frische Pasta eingelegt. Wer italienisches Essen mag, liebt einen Spritzer dieser Zutat in seinem Parfüm.

Von Königshaus bis Kaufhaus

Uwe Herrich ist ausgebildeter Drogist, lernte im Familienbetrieb. Schon Ende der 1980er-Jahre eröffnete er seine Drogerie in Dresden und brachte sich fast 15 Jahre lang die Kunst der Parfümherstellung bei. „Ich habe jahrelang meine Nase trainiert“, erklärt er. Heute kommen die Kunden aus aller Welt, um sich auch ganz individuelle Düfte bei ihm herstellen zu lassen. Dann lotet der Parfümeur im persönlichen Gespräch aus, welche Vorlieben sein Gegenüber hat. Polysensorische Reise nennt er das. „Ich muss mich in das Leben der Menschen hineinfühlen, um die richtigen Zutaten zu finden.“

Schon vor Jahren bekam er Anfragen, auch Raumdüfte herzustellen. Europäische Fürsten- und Königshäuser bestellen bei ihm. Für das Landesmuseum des Zwergstaates Lichtenstein beduftete er die Räume für eine Ausstellung zum Thema Alpen bis Mittelmeer mit einer passenden Mischung. Mehrere Arztpraxen gehören heute ebenfalls zu seinen Kunden. Im Wartebereich werden deren Patienten von einem dezenten Duft empfangen. „Der soll Wohlbefinden verströmen, Vertrauen wecken“, sagt Herrich. Positive Einstimmung auf die Behandlung. Zimt wäre dafür hervorragend, weil er an Weihnachten erinnert. „Oder auch Vanille, die viele unterbewusst an den Geruch der Mutter oder der Muttermilch erinnert.“

Uwe Herrich interessiert sich sehr für die Arbeit von Duftforschern, hat viel darüber gelesen, welche Gerüche, welche Hirn-areale ansprechen. „Der Mensch hat ein Duftgedächtnis.“ Viel wird dort gespeichert, das wir eher unterbewusst wahrnehmen. So sei es eben auch möglich, Raumparfüme für den Handel herzustellen, die verkaufsfördernd wirken. Neben der Orange würde dafür häufig auch der Duft von Kaffee oder Schokolade zum Einsatz kommen. „Beide haben etwas damit zu tun, sich etwas zu gönnen, etwas zu genießen.“ Unter diesem Einfluss ließe sich dann auch mit einem guten Gefühl einkaufen – und eventuell etwas mehr Geld ausgeben als geplant. Für wen er diese Düfte herstellt, darüber spricht Herrich allerdings nicht.

Ein ganz anderes Ziel hat ein Parfüm, das der Dresdner mit dem Heilpraktiker Helmut Maier entwickelt hat. „Dr. Maiers Entspannungs- und Schlafparfüm“ wirkt auf der Basis von Jasmin und ist beruhigend und angstlösend. „Eine Personalvermittlungsagentur nutzt es bei Bewerbungsgesprächen“, weiß Herrich. Keine Chance für hibbelige Bewerber.