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Dynamos Sportchef sagt: Die dritte Liga ist für mich nicht greifbar

Steffen Menze kennt nur ein Ziel, den Klassenerhalt. Und doch muss er für den Fall der Fälle vorsorgen.

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Von Sven Geisler, Antalya

Er ist da. Aber ob er der Richtige ist, muss sich erst zeigen. Der Kroate Ivan Milicevic trainiert zur Probe beim Fußball-Zweitligisten Dynamo Dresden. Der 24-jährige Offensivspieler steht bei NK Osijek unter Vertrag, hat in dieser Saison für den Erstligisten in zwölf Spielen drei Tore erzielt. Heute soll er im Test gegen seine Landsleute von Dinamo Zagreb zeigen, was er drauf hat.

Ivan Milicevic trainiert zur Probe mit. Foto: Lutz Hentschel
Ivan Milicevic trainiert zur Probe mit. Foto: Lutz Hentschel

Ob er die erhoffte Verstärkung sein kann, war eine der Fragen im Gespräch mit Steffen Menze. Dynamos Sportchef gab gestern im Trainingscamp in Antalya den mitgereisten Journalisten ein Interview.

Herr Menze, ist Milicevic ein ernsthafter Kandidat?

Wir haben uns durch Videos und Kontakte des Trainers über ihn informiert, wollen ihn aber selbst sehen, um eine fundierte Einschätzung zu treffen. Er ist einer von mehreren Kandidaten, eventuell kommt noch einer aus der ersten Liga in Litauen. Wir werden aber nichts auf Krampf machen.

Aber für die Offensive muss Dynamo doch etwas tun, oder?

Ich sehe auch eine gute Entwicklung bei denen, die hier sind und ihre Chance suchen. Deshalb sollten wir nur jemanden holen, wenn wir eine gewisse Sicherheit haben, dass er uns wirklich hilft.

War es ein Trugschluss zu glauben, die Mannschaft habe für die zweite Liga eine hohe Qualität?

Als Trugschluss sehe ich das nicht. Ich habe nach wie vor hohes Vertrauen in unseren Kader. Aber an der schwierigen Lage sind wir größtenteils selbst schuld.

Ihre Fehleranalyse, bitte …

Es kam vieles zusammen. Wir haben unsere Spielweise etwas verloren, uns in einigen Situationen nicht professionell und clever verhalten. Diese Kartenflut hat die Mannschaft aus dem Konzept gebracht. Manchen Spielern fehlte das Selbstvertrauen, um ihre Leistung zu bringen. Und manche haben den Biss vermissen lassen.

Haben sich die Spieler von den vielen Schulterklopfern einlullen lassen?

Ja, ich glaube, dass es in der Mannschaft eine Überzeugung gab, dass alles gut ist und wir es im Griff haben. Aber Zufriedenheit bedeutet Stagnation, Rückschritt. Das wollten wir mit dem Trainerwechsel aufbrechen, alle wieder aufwecken.

Haben Sie als Sportchef mit dem Wechsel zu lange gezögert?

Das kann man im Nachgang sicher behaupten. Ich muss ehrlich zugeben: Der Trainerwechsel an sich hat mir wehgetan. Wir haben versucht, mit Ralf Loose die Kurve zu bekommen, weil ich der Meinung bin, dass man sachlich analysieren und nicht mit Kurzschlussreaktionen handeln muss.

Hat Peter Pacult den Wecker in Ihrem Sinne schrillen lassen?

Er ist eine andere Persönlichkeit, hat eine andere Herangehensweise, eine andere Ansprache. Mit ihm kommt wieder ein anderer Konkurrenzdruck in die Mannschaft. Und der ist zwingend notwendig, erst recht, wenn die Ergebnisse nicht stimmen. Da kann man sich nicht weiter bewegen wie in einem Schlafwagenzug. Es wird auch Entscheidungen geben, die nicht allen gefallen. Aber es ist notwendig, im Sinne des Vereins zu entscheiden, und nicht nach Erbhöfen.

Der Auftakt gegen den MSV Duisburg am 1. Februar wird gleich ein richtungsweisendes Spiel. Oder ist es schon ein Endspiel?

Die Partie hat eine besondere Brisanz, weil Duisburg ein direkter Konkurrent im Abstiegskampf ist. Aber jetzt ist ein gutes Nervenkostüm gefragt. Die Floskel von den 15 Endspielen klingt abgedroschen, aber wir können in jedem dieser Spiele punkten. Mit einem Sieg oder einer Niederlage gegen Duisburg wird die Saison nicht abgebrochen, sondern es geht in der nächsten Woche weiter.

Wie viele Punkte sind für den Klassenerhalt nötig?

36 Punkte sollten reichen.

Haben Sie die Relegation gegen den Dritten der 3. Liga im Kopf?

Natürlich. Das ist auch eine Möglichkeit, in der Liga zu bleiben.

Bisher hat die aber kein Zweitligist bestanden – erschreckt Sie diese Bilanz?

Nein, ich kann doch unsere Bilanz in der Relegation dagegenhalten, und die ist positiv (*).

Trotzdem müssen Sie für die 3. Liga planen. Wie ist der Stand?

Stand heute beschäftigen wir uns nur damit, die zweite Liga zu halten. Die 3. Liga ist für mich nicht greifbar, vor allem, was die finanziellen Möglichkeiten betrifft.

Aber Dynamo braucht auch dann eine Mannschaft. Wer hat denn einen Vertrag für die 3. Liga?

Die Luft würde richtig dünn. Benny Kirsten, Robert Koch, Toni Leistner. Auch mit Marcel Franke wollen wir für beide Ligen verlängern, aber er will abwarten, ob er an die Mannschaft herankommt. Ich habe mit Spielern gesprochen, die wir gern verpflichten würden. Aber es ist nicht einfach, wenn ich einem U23-Spieler von einem Bundesligisten, der den nächsten Schritt in der zweiten Liga machen möchte, einen Drittliga-Vertrag vorlege.

Auch für die zweite Liga laufen elf Verträge aus. Wie weit sind die Vertragsgespräche?

Dass Romain Bregerie vorerst nicht verlängern möchte, ist bekannt. Grundsätzlich ist es so, dass sowohl Verein als auch Spieler die Entwicklung etwas abwarten wollen. Zum Beispiel David Solga. Der war vorige Saison Stammspieler, ist aber in der folgenden Halbserie außen vor. Ich habe ihm schon im Oktober signalisiert, dass wir ihn halten wollen. Er würde auch gern bleiben, aber nicht als Anhängsel. Also warten wir gemeinsam den Verlauf ab. Ich spreche aber auch mit Spielern, die noch einen längerfristigen Vertrag haben, um ihnen zu signalisieren, dass sie wichtig sind für den Verein.

Zum Beispiel?

Bjarne Thoelke, Florian Fromlowitz. Wir wissen, dass wir mit Benny Kirsten einen guten Torwart haben, aber sie sollen im Konkurrenzkampf stehen. Wenn einer schwächelt, muss der andere da sein.

*) Dynamo schaffte 2002 gegen Hertha BSC II und 2011 gegen Osnabrück den Aufstieg.