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Dutzende Problemhäuser in Zittau

Allein in den letzten vier Jahren hat die Stadt Eigentümer von über 150 Bauwerken ermahnt, für Sicherheit zu sorgen – oder durchgegriffen.

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© Thomas Eichler

Von Thomas Mielke

Zittau. Seit Kurzem ist die Ecke Arndt-/Lessingstraße für Fußgänger unpassierbar. Der marode Holzbalkon des alten Eckhauses droht abzustürzen. Weil dadurch die öffentliche Sicherheit gefährdet ist, hat die Zittauer Stadtverwaltung die Sperrung des Gehweges angeordnet. Eigentlich müsste sich der Besitzer des Hauses um den Balkon kümmern. Doch das tut er nicht. Er ist nicht mal zu erreichen.

... den Weg vor Inneren Weberstraße 31 ....
... den Weg vor Inneren Weberstraße 31 .... © Thomas Eichler
... und den vor der Kieslerstraße 13 absperren lassen.
... und den vor der Kieslerstraße 13 absperren lassen. © Thomas Eichler

Mit solchen Fällen schlägt sich das Zittauer Bauamt seit Jahren immer und immer wieder herum. Allein seit 2013 hat die Verwaltung nach Angaben von Rathaussprecher Kai Grebasch in 151 Fällen Eigentümer von Immobilien angewiesen, für Sicherheit zu sorgen oder gar selbst durchgegriffen. Darin „nicht enthalten sind zum Beispiel die Fälle, die ohne Schriftform (zum Beispiel Eigentum Stadt Zittau oder Wohnbaugesellschaft Zittau mbH) geklärt wurden“, so Grebasch.

Absperrungen, Abrisse oder andere Absicherungen an privatem Eigentum darf die Stadt ausschließlich anordnen, wenn die öffentliche Sicherheit in Gefahr ist. Bricht beispielsweise ein Gebäude inmitten eines Grundstücks, weit ab von Gehweg und Straße zusammen, sind der Verwaltung die Hände gebunden. Privates Eigentum ist laut Grundgesetz ein hohes Gut. Deshalb kann sie zum Beispiel auch bei den Roburhallen an der Eisenbahn-/Marschnerstraße nichts machen. Solange die Außenmauern intakt sind und nur die Dächer nach innen einfallen, muss die Verwaltung zugucken. Als aber um den Jahreswechsel 2013/2014 Putz von der Außenmauer auf Straße und Gehweg zu fallen drohte, reagierte die Verwaltung schnell und forderte den Besitzer zum Handeln auf. Als im Januar 2015 Glassplitter fielen, sperrte die Zittauer Feuerwehr die Eisenbahnstraße und entsorgte die Teile.

Wenn die Feuerwehr oder Firmen im Auftrag der Verwaltung tätig werden, kostet das Geld. So geschehen unter anderem beim Abriss des Eckhauses Äußere Oybiner/Goldbachstraße 2013, der Böhmischen Straße 9 2013, des Hinterhauses der Böhmischen Straße 27 2015, der Bahnhofsstraße 37 und der Mauer des Grundstücks in diesem Jahr, der Sperrung des Mandauer Bergs 8/10 2014, der Notsicherung der Bahnhofstraße 10/12 und der Schrammstraße 15b 2014. Allein für diese sogenannten Ersatzvornahmen hat die Stadt über 640 000 Euro ausgegeben. Das Geld stellt sie im Nachgang den Eigentümern in Rechnung – doch nicht immer zahlen die, bleibt die Stadt auf den Kosten sitzen. Oft schließen sich wie zum Beispiel beim Mandauer Berg 8/10 und der Böhmischen Straße 9 auch jahrelange Streits an, die nicht selten vor Gericht landen.

Wie das bei Zittaus prominentestem maroden Gebäude – der Mandaukaserne – ist, bleibt abzuwarten. Es ist zwar der absolute positive Ausnahmefall, dass sich Privatleute zusammentun und mit Hilfe von eigenem Geld sowie Spenden ein Gebäude, das ihnen nicht gehört, notsichern. Die Kosten aber, die unter anderem für den von der Verwaltung angeordneten, über Jahre stehenden, Absperrzaun aufgelaufen sind, belasten immer noch die Stadtkasse. Dem neuen Eigentümer könne man sie nicht in Rechnung stellen, da er zu dieser Zeit nicht zuständig war, sagt Stadtsprecher Grebasch. Die Wahrscheinlichkeit, dass der alte Besitzer zahlt, ist sehr gering. Derzeit berät der Stadtrat, wie Zittau mit den offenen Forderungen umgehen soll. Vermutlich muss die Stadt die Kosten am Ende als Verlust verbuchen.

An der Ecke Arndt-/Lessingstraße versucht die Stadtverwaltung nun, mit dem Eigentümer über eine öffentliche Zustellung ihrer Forderungen in Kontakt zu kommen. Weil sie die geringen Erfolgsaussichten kennt, verhandelt sie bereits mit der Denkmalschutzbehörde darüber, wie mit dem maroden Balkon umzugehen ist. Ob ein Abriss oder eine Sicherung infrage kommt. Zur Not wieder mal auf Kosten der Stadt.