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Durch Zufall der letzte Mann

Werner Friese war als Torwart eine Legende – und bis zuletzt als Trainer für Talente da.

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© dpa/Thomas Eisenhuth

Von Sven Geisler

Es war vielleicht das Spiel seines Lebens, auch wenn er seine vermeintlichen Heldentaten selbst heruntergespielt hat. „Nach 120 Minuten sind den Spielern die Beine schwer, die Konzentration lässt nach. Der Torwart hat gute Chancen, wenn er lange genug wartet“, sagte Werner Friese. Drei Elfmeter hielt er am 20. März 1974, sicherte Lok Leipzig gegen Ipswich Town den Einzug ins Europapokal-Halbfinale.

In der Nacht zum Mittwoch starb Friese im Alter von 70 Jahren an Krebs. „Bis zuletzt hat dieser feine Mensch seinen Lebensmut nicht verloren und stand noch regelmäßig mit talentierten Torhütern auf dem Trainingsplatz“, würdigt ihn Dynamos Sportchef Ralf Minge. Friese betreute bis März die Keeper beim damaligen Fußball-Landesligisten Heidenauer SV. Für Dynamo hat der gebürtige Dresdner nie gespielt. Bei Blau-Weiß Zschachwitz begann er als Stürmer, ehe er beim SC Einheit eher zufällig zum letzten Mann wurde. „Ich bin eingesprungen, als unser Torhüter fehlte“, erzählte er. „Fritz Ritter – in den 1950er-Jahren ein klasse Schlussmann bei Rotation und Einheit – riet mir danach: Bleibe im Tor, dort hast du größere Chancen, mal weiterzukommen.“

In der DDR-Liga-Mannschaft spielte er dann auch mit Eduard Geyer, bis sich ihre Wege 1968 trennten. Während „Ede“ zu Dynamo ging, schlug Friese ein Angebot der Schwarz-Gelben aus, wechselte nach Leipzig zum 1. FC Lok. „Dort sah ich die größte Chance, mich durchzusetzen. Dynamo hatte mit Manfred Kallenbach und Peter Meyer zwei sehr gute Torleute. Ich war als junger Mann erst auf dem Sprung.“

Den schaffte Friese in Leipzig schnell, stieg schon in seiner zweiten Saison zur Nummer eins auf, feierte 1976 mit dem Pokalsieg durch ein 3:0 im Finale gegen Vorwärts Frankfurt/Oder den größten Erfolg seiner Karriere. Obwohl er nie ein A-Länderspiel bestritt, stand er bei der einzigen WM-Teilnahme der DDR 1974 im Kader. Mit seinem eleganten Stil und der guten Ballbehandlung würde der nach offiziellen Angaben mit 1,82 Meter für einen Torwart eher kleine Friese perfekt ins heutige Anforderungsprofil passen.

Nach der Wende arbeitete er als Torwarttrainer bei Eintracht Frankfurt und acht Jahre lang für Bayer Leverkusen. Zu seinen Schützlingen gehörten Uli Stein, Rüdiger Vollborn, Oka Nikolov, René Adler und Tom Starke. 2003 ging er zu Schachtjor Donezk in die Ukraine; da stand für ihn schon fest, dass er zurück in die Heimat möchte. „Viele Touristen fliegen Tausende Kilometer, um die herrliche Umgebung und die historischen Stätten von Dresden zu sehen“, sagte er im Gespräch mit der SZ.

2005 kamen sie doch noch zusammen: Friese und Dynamo. Christoph Franke, mit dem er in Leipzig und der DDR-Nachwuchsauswahl zusammengespielt hatte, holte sich den Fachmann an seine Seite. Frankes Nach-Nachfolger Nobert Meier glaubte jedoch, auf Frieses Dienste verzichten zu können. Junge Torleute wie in Heidenau waren dagegen dankbar, dass er seine Erfahrungen weitergab. Werner Friese bleibt als aufrichtiger Mensch und exzellenter Fußballkenner in Erinnerung. (mit js)