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Durch die Kirche zieht sich ein Riss

Ein Problem im Mauerwerk macht der Dorfkirche in Zschaiten zu schaffen. Hat der Ort bald einen schiefen Turm?

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© Sebastian Schultz

Nünchritz. Schmuck wirkt die Kirche in Zschaiten, einem Dorf nahe des Nünchritzer Wacker-Werks. Das an die 800 Jahre alte Bauwerk ist der Hingucker im Ort. Kein Wunder – wurde die Kirche in den 90ern doch vollständig restauriert. Aber jetzt regen sich Sorgen in der Kirchgemeinde: Denn die Kirche hat Risse im Mauerwerk. „Manche hat sie schon sehr lange, ein anderer, großer, ist neu dazu gekommen“, sagt Pfarrer Martin Scheiter.

Der 34-Jährige zeigt das Problem: Auf der Empore, oberhalb der Orgel, zieht sich ein Riss entlang. Er quert einen auf den Putz gemalten Bibelvers, folgt dem Rund des Gewölbes, verschwindet hinter der Orgel. „An manchen Stellen ist er so groß, dass man den kleinen Finger reinstecken kann“, sagt der Pfarrer. Wenn sich zwischen Kirchturm und Kirchenschiff ein Riss auftut, werden die Bauleute wach. Ein böser Verdacht beschleicht Martin Scheiter: Hoffentlich hat sich der Turm nicht abgesenkt, denkt er. „Ein schiefer Turm von Zschaiten wäre keine Touristenattraktion sondern ein Albtraum. Die Kosten wären unüberschaubar.“

Tiefes Loch in der Mauer

Also ruft die Kirchgemeinde einen Statiker zu Hilfe. Der lässt ein tiefes Loch an der Mauer gegraben, bis unter das Fundament. Der Fachmann schaut, misst, begutachtet – und gibt schließlich Entwarnung: Das Fundament der Kirche ist in Ordnung und steht fest. Wo aber kommt der neue, breite Riss her? Das findet der Statiker auch heraus: Beim nachträglichen Einbau der Orgel wurde ein Stück Stützmauer entfernt. Dabei wurde seinerzeit die Ostwand des Turms weitgehend geöffnet und damit statisch arg geschwächt, heißt es im Bericht des Statikers. Zwar behalf man sich später mit Notmaßnahmen – eine schmale Notmauer wurde gezogen, ein einzelner Zuganker aus Holz eingebracht. Beides brachte aber nicht viel, glaubt man dem Statiker. Auch der Dachstuhl des Kirchenschiffs sei „fragwürdig“ verspannt worden.

Glockengeläut schadet

Erschwerend kommt hinzu, dass es keinen richtigen Glockenstuhl gibt. Die Kräfte der schwingenden Glocken übertragen sich direkt auf das Mauerwerk, das ohnehin geschwächt ist. „Zweimal im Monat rufen die Glocken zum Gottesdienst – eigentlich ist das nicht viel“, sagt Pfarrer Scheiter. Nun könnte man einen neuen Glockenstuhl einbauen lassen – das ist aber ziemlich fraglich. „Schon die Planungskosten übersteigen die Rücklagen“, sagt der Pfarrer. Zu kalkulieren wären allein dafür mehrere Tausend Euro. Einfacher wäre eine andere Lösung: In Zukunft einfach etwas kürzer zu läuten. In Zschaiten wird das ohnehin noch ganz klassisch gehandhabt – ohne Zeitautomatik und Elektromotor, dafür mit Seil und Handbetätigung.

Das Fundament steht fest

Jemand, der die Beseitigung des Risses bezahlen möchte, hat sich auch schon gefunden: ein älteres Gemeindeglied, das etwas für seine Kirche zurückgeben möchte. Die macht ohnehin auch im Inneren einen gepflegten Eindruck. Zu den zweiwöchentlichen Gottesdiensten kommen regelmäßig zehn bis 20 Gläubige. Dazu bietet die Kirche Platz für Konzerte oder Christenlehre-Stunden. „Solange die Zschaitener ein Herz für ihre Kirche haben, ist mir nicht bange“, sagt Martin Scheiter. „Sie mag Risse haben, aber das Fundament steht fest.“ (SZ)